Der regulierte Wohnungsmarkt steht vor einem Problem.
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Hunderttausende Mieter in Österreich fanden vor einigen Wochen eine saftige Mieterhöhung im Postkasten. Der Nationalrat hatte Ende März die Corona-bedingte Aussetzung der Richtwertmieterhöhung aufgehoben. Die Mieten in den geschützten Altbauwohnungen stiegen daraufhin um rund 6 Prozent. Die Aufregung war groß. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Richtwertmieten zuvor drei Jahre lang unangetastet blieben. Die Millionen Haushalte in Österreich, deren Mieten nicht vom Staat gedeckelt werden, konnten über 6 Prozent in drei Jahren wohl nur milde lächeln.
Doch auch auf der Seite der Vermieter dürften sich die Sorgenfalten vertiefen. Ihnen machen die infolge der Corona-Krise rasant gestiegenen Baukosten das Leben schwer. Im Wohnungsbau lagen sie im März im Jahresvergleich um 15 Prozent höher. Vor allem die Materialkosten schlagen zu Buche: Stahl, Zement, Holz. Alles steckt im unentwirrbaren Containerstau irgendwo zwischen Shanghai und Rotterdam fest oder wurde im chinesischen Dauer-Lockdown erst gar nicht produziert. Von den steigenden Energiepreisen noch gar nicht zu reden. Hinzu kommen Arbeitskräftemangel und Lohnkostensteigerungen. Die Beschäftigen im Bau haben sich ein Plus von mehr als 4 Prozent ab Mai erkämpft, um ihre Löhne vor der galoppierenden Inflation zu schützen.
Im unregulierten Markt dürfte das Wohnen also noch teurer werden. Der regulierte Wohnungsmarkt steht aber vor einem viel grundlegenderen Problem: Wenn die Baukosten steigen, die Mieten aber nicht Schritt halten, dann wird für viele Vermieter die Rechnung bald nicht mehr aufgehen. Steigende Instandhaltungskosten können sie grundsätzlich nicht den Mietern umhängen. Auch bei größeren Modernisierungen dürfen sie das nur bedingt. Am Ende werden sie auf den Kosten sitzenbleiben. Sollten die Baukosten wieder sinken, können sie das kurzfristig verkraften. Verfestigen sie sich aber auf diesem Niveau, dann werden sie sich lieber nach Käufern als nach Mietern umsehen. Jetzt, da die Immobilienpreise hoch sind und die Zinsen bald steigen dürften, ist es für viele ohnehin an der Zeit, das Betongold loszuwerden.
Drohen dann Berliner Verhältnisse? Dort wurden durch den kurzzeitig eingeführten Mietendeckel mehr als die Hälfte der Mietwohnungen vom Markt genommen. Parallel dazu wurden viel mehr Wohnungen zum Verkauf angeboten. Wer sich Eigentum leisten kann, freut sich nun über das reichhaltige Angebot. Wer aber mieten muss und keine der gestützten Wohnungen ergattern kann, darf kräftig draufzahlen.
Schon das Gerede über einen Mietendeckel in Österreich kann ähnliche Effekte auch hier auslösen. Besser wäre es daher, den Mieten die nötige Luft nach oben zu lassen. Haushalte, die dadurch zu stark belastet werden, sollten im Sinne der Subjektförderung gezielt unterstützt werden, wenn es mit der Miete eng wird. Denn es gilt weiterhin: Nur wenn genügend Mietwohnungen angeboten werden, können die Mieten im Zaum gehalten werden. Gehen die Anreize zu bauen und zu vermieten jedoch zurück, wird es langfristig kritisch.