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Mietpreisbremse wirft Schatten voraus

Von Alexander U. Mathé

Politik

Die Bundesregierung überlegt, Forderung der Opposition nach einem Mietenstopp nachzukommen.


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Eine Mietpreisbremse wird in Österreich immer wahrscheinlicher. Wochenlang haben die Opposition aus SPÖ und FPÖ sowie die Arbeiterkammer eine gesetzliche Abfederung der steigenden Wohnpreise gefordert. Am Dienstag hat nun auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Frage in den Raum gestellt, ob die Koppelung der Mieten an den Verbraucherpreisindex der Weisheit letzter Schluss sei. Bereits am Montag hatte Nina Tomaselli, Nationalratsabgeordnete und Sprecherin des grünen Koalitionspartners für Wohnen und Bauen, erklärt, dass man derzeit verschiedene Varianten prüfe. Wenig glücklich ist man freilich mit dieser Aussicht auf Seite der Vermieter.

Wer derzeit eine Wohnung in Wien sucht, muss teilweise deutlich mehr für die Miete ausgeben als noch vor einem Jahr. Die Mietpreise haben sich in allen 23 Stadtbezirken verteuert, ergab eine Analyse des Immobilienportals Immowelt.

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Besonders stark ist der Anstieg in Bezirken, die noch vor kurzem als besonders leistbar galten: Favoriten hatte ein Plus in Höhe von sechs Prozent, die Leopoldstadt von sieben Prozent zu verzeichnen. Die Brigittenau erreichte gar den Topwert eines elfprozentigen Mietanstiegs. Vor der Tür steht zudem die alljährliche Mietanpassung an den Verbraucherpreisindex (VPI) im April.

In Österreich gibt es laut AK rund 376.000 Haushalte, für die Richtwertmieten gelten (davon befinden sich etwa 273.000 in Wien). Es geht um Mietverträge in Altbauten, die nach 1994 abgeschlossen wurden. Weitere rund 135.000 Wohnungen (davon etwa 127.000) unterliegen noch dem Kategoriemietzins (Altbaumieten von vor 1994) und rund 500.000 Haushalte in Österreich (davon etwa 150.000 in der Bundeshauptstadt) mieten am freien Markt.

Auch Mittelschicht bereits an Belastungsgrenze

"Die Mieten dürfen vorerst nur einmal pro Jahr um höchstens zwei Prozent steigen", erklärte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Wohnen bei der Arbeiterkammer Wien. "Dieses Gesetz muss im Februar verabschiedet werden, damit es im April greift." Zwei Millionen in Österreich Wohnende würden in den nächsten drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten rechnen, zitierte Ritt aus einer Studie der Statistik Austria unter dem Titel Krisenfolgenbeobachtung. Das entspreche 37 Prozent der Privatmieterinnen und -mieter beziehungsweise fast einem Drittel der erwachsenen Bevölkerung. "Das ist ein Massenphänomen", so Ritt.

"Wir merken eine vermehrte Nachfrage bei unseren Beratungen - die Termine sind bis in den April hinein ausgebucht", berichtete wiederum die Vorsitzende der Mietervereinigung, Elke Hanel-Torsch. "Auch mittlere Einkommensschichten kommen an die Belastungsgrenze."

Bei der Mietervereinigung verweist man auf europäische Vorbilder in der Sache: In Spanien und Portugal dürfe der Mietzins um maximal 2 Prozent pro Jahr angehoben werden, in Frankreich um 3,5 Prozent. Dänemark deckle die Mieterhöhungen bis 2024 mit 4 Prozent, in der Schweiz könnten sie einmal jährlich um nicht einmal die Hälfte (40 Prozent) der Steigerung der Verbraucherpreise erhöht werden, in Schweden müsse sich die durchschnittliche Erhöhung 2023 zwischen 2,5 und 4,5 Prozent bewegen.

Den Vergleich mit anderen europäischen Ländern lässt wiederum Michael Pisecky nicht gelten. "In Österreich gibt es einen ausgeprägten gesetzlichen Mieterschutz", erklärte der Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien zur "Wiener Zeitung". Mehr als 80 Prozent aller Mietwohnungen seien rechtlich preisgeregelt. Dieser Schutz fehle in anderen Staaten, wo die Miete vom freien Markt bestimmt werde. Wegen dieser frei vereinbarten Regelungen gebe es dort dann zumindest eine Deckelung bei der Valorisierung.

"Wertanpassung ist keine Mieterhöhung"

"Bei der im April 2023 anstehenden Richtwertindexierung handelt es sich um eine Wertanpassung und keine Erhöhung der Miete", erklärte dazu Martin Prunbauer, Präsident der Interessensvertretung Österreichischer Haus- und Grundbesitzer. Eine Ansicht, die auch Pisecky teilt. "Die Gehälter und Pensionen werden ja auch an die Inflation angepasst. Dadurch bleibt in der Relation alles gleich. Wenn ich da jetzt als Staat eingreife, beginne ich Ungleichgewichte zu schaffen." Es sei ja so, dass bei einer Inflation von rund zehn Prozent - beziehungsweise im konkreten Fall von 8,6 Prozent - die Kosten des Vermieters ebenso steigen.

"Es geht um Verteilung von Wohlstandsverlust"

Doch genau diese neue Verteilung der Last ist das, was derzeit wohl auf Regierungsebene angedacht wird. "Es geht um Wohlstandsverlust und wenn Wohlstand verloren geht, stellt sich die Frage, wie wir diesen Verlust verteilen", erklärte der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finanzminister Brunner. Wenn man alles an den VPI binde - Löhne, Sozialleistungen und Mieten -, dann drehe sich die Preisspirale immer weiter und lasse sich irgendwann nicht mehr abfangen. "Breite Schultern können dann einmal mehr tragen", sagte Felbermayr. Und auch der Finanzminister stellte zur Debatte, ob die Mieten immer an den Verbraucherpreisindex gekoppelt sein müssten.

Dem Vernehmen nach wird in der Bundesregierung derzeit über die Gestaltung eines alternativen Indexes nachgedacht, an dem sich die Valorisierung der Mieten orientieren soll. Auch das ist nichts, was Pisecky gefiele. "Ich glaube, dass es nichts Sinnvolleres als den VPI gibt." Tatsächlich steigen andere maßgebliche Werte, etwa die Baukosten, derzeit noch stärker als der VPI. Auch hält er nichts davon, Mietunterstützung quasi mit der Gießkanne auszuschütten: Man solle sich eher darauf konzentrieren, dass Wohnen dort gezielt leistbar zu machen, wo es nicht leistbar ist. Er glaubt, dass Änderungen zum Nachteil der Vermieter letztlich auf Kosten von Bausubstanz und Klimaschutz gehen werden.

"Auf diese Weise entziehe ich Motivation und Geld für Sanierungen", so Pisecky. Die Klimaneutralität, der gerade in Städten wie Wien, stark von der Gebäudesanierung abhänge, könne man dann auch vergessen.

Das Argument von Wohnungs- und Hauseigentümer in der Vergangenheit, sie müssten die Mieten stark anheben, sonst könnten sie sich die anstehende thermische Sanierung bzw. Umrüstung auf andere Heizsysteme (weg vom Gas) nicht leisten, lässt man bei der Arbeiterkammer wiederum nicht gelten. "Nach dem Mietrechtsgesetz müssen die Profite der letzten zehn Jahre angespart werden - das sind in Summe 5,5 Milliarden Euro -, damit können sie 90 Prozent des Altbaubestands sanieren", rechnete Thomas Ritt von der AK vor.