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Mietzins: Der Preisschub kommt - aber wann?

Von Stefan Melichar

Analysen

Wieder einmal erhitzen gesetzlich vorprogrammierte Verschlechterungen für weite Teile der Bevölkerung die politischen Gemüter. Hat sich in Zusammenhang mit der angedachten Einführung einer sogenannten Pensionsautomatik der Koalitionszwist lediglich über ungelegten Eiern entladen, stehen nun bei der aktuellen Debatte über Mietpreiserhöhungen aber seit langem bestehende Regelungen auf dem Prüfstand. | Laut dem Österreichischen Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) fallen rund 42 Prozent der heimischen Wohnungen - nämlich jene in Gebäuden, die vor 1953 erbaut worden sind - unter die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes. Diese regeln automatisch, wann und um wie viel der Zins erhöht wird. Dabei gilt es, zwischen Wohnungen mit Kategoriemieten und solchen mit Richtwertmieten zu unterscheiden.


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Die - deutlich niedrigeren - Kategoriemieten gelten für Altbauwohnungen, bei denen der Mietvertrag vor dem 1. März 1994 abgeschlossen worden ist. Das sind laut ÖIV rund 240.000. Bei jüngeren Mietverträgen fallen höhere Richtwertmieten an. Davon sind rund 324.000 Mieter betroffen. Für beide Gruppen gilt prinzipiell das System der "automatischen Wertsicherung", das zu bestimmten Zeiten eine Inflationsanpassung vorsieht.

Bis März diesen Jahres wurden die Richtwertmieten immer im April um die im vorangegangenen Dezember gemessene Teuerungsrate erhöht. Diesem Automatismus ist die Bundesregierung vergangenen März zuleibe gerückt. SPÖ und ÖVP haben sich - wegen der besonders hohen Inflation im Dezember 2007 - damals in einem Anflug von Einigkeit und Arbeitseifer darauf geeinigt, die Wertanpassung an die niedrigere Jahresinflationsrate zu koppeln.

Nach Entlastung der Mieter von Richtwert-Wohnungen droht nun aber jenen Ungemach, die Kategoriezins zahlen. Dieser wird seit 1994 immer dann an die Inflationsentwicklung angepasst, wenn die Teuerung seit der vorangegangenen Erhöhung mehr als fünf Prozent beträgt. Die Anhebung erfolgt nicht in reinen Fünfer-Schritten, sondern so, dass tatsächlich ein Ausgleich des Preisauftriebs stattfindet. Deshalb droht - ohne eine von der SPÖ forcierte Gesetzesänderung - im Herbst eine Erhöhung der Kategoriemieten um 5,8 Prozent.

Die Sozialdemokraten wollen nun die Mietpreisautomatik austricksen, und den Schwellenwert für die Anhebung wieder auf die vor 1994 gebräuchlichen 10 Prozent legen. Damit soll - so die Hoffnung - die nächste Erhöhung der Kategoriemieten - die auch für die Verwaltungskosten schlagend wird - erst 2010 stattfinden. Gegner dieser Idee kritisieren unter anderem, dass der Preissprung dann umso heftiger ausfallen müsste. Justizministerin Maria Berger (SPÖ) hat im März laut darüber nachgedacht, die unterschiedlichen Systeme bei Richtwert- und Kategoriemieten zu vereinheitlichen.

Dies würde allerdings wohl auch nur einen Teil des heimischen Mietpreis-Dschungels leichter durchschaubar machen: So gelten etwa bei Genossenschaftswohnungen je nach Art der Förderung höchst unterschiedliche Arten der Wertanpassung. Nur bei nach 1953 ohne Förderung erbauten Wohnungen richtet sich - abgesehen von einigen Ausnahmen - die Mieterhöhung nach dem, was im Mietvertrag individuell vereinbart worden ist.

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