Fehlende Bildungsverwertung sorgt für höhere Arbeitslosigkeit.
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Wien. Heute ist der Welttag der sozialen Gerechtigkeit, der vor vier Jahren zum ersten Mal von der UNO-Generalversammlung begangen wurde. Blickt man nach Österreich kann von sozialer Gerechtigkeit keine Rede sein. Vor allem als Migrant. Selbst bei gleichen Bildungsabschlüssen ist die berufliche Stellung von Migranten deutlich schlechter als die von Personen ohne Migrationshintergrund. Dies äußert sich für Zuwanderer in häufigerer Dequalifikation, schlechterer Bezahlung und einer höheren Gefahr arbeitslos zu werden.
Frauen mit Migrationshintergrund haben es am schwersten, einen angemessenen Job zu finden. Zu diesem Ergebnis kommen zahlreiche Studien, wie etwa der Arbeiterkammer (AK), der OECD oder der Statistik Austria. Für Migrationsforscher August Gächter bedeuten diese Ergebnisse vor allem eines: "Wenn man Bildung aus dem Ausland mitnimmt, muss man verrückt sein." Neben der fehlenden Bildungsverwertung ist die Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit bei Migranten ebenfalls höher als bei der Mehrheitsgesellschaft.
Laut der nationalen Berechnungsmethode des AMS lag im Jahresdurchschnitt 2012 die Arbeitslosenquote von Personen ohne Migrationshintergrund bei 5,8 Prozent, bei Migranten war es 11,7 Prozent. Beate Sprenger vom AMS kennt die Zahlen. Sie verweist auf die Maßnahme des AMS, die Migranten als Zielgruppe besonders fördern soll. "Erstmals ist es auch möglich Personen mit Migrationshintergrund durch Daten des Hauptverbandes zu erfassen", erklärt Sprenger. Arbeitslose Jugendliche mit Migrationshintergrund erhalten etwa verstärkt die Möglichkeit bei Betrieben, die vom AMS gefördert werden, eine Lehrlingsausbildung zu erhalten.
"Neben Werkstätten, die von der öffentlichen Hand getragen werden, buchen wir auch Lehrlingsplätze bei Betrieben. Wir zahlen, dass diese mehr Jugendliche ausbilden, als sie eigentlich brauchen." Es werden auch Deutschlehrer verpflichtet, die den Jugendlichen in den Berufsschulen Fachbegriffe des jeweiligen zukünftigen Berufes beibringen.
Bei der Bildungsverwertung kommt es für Migranten nicht darauf an, ob sie die Bildung im Ausland oder im Inland erworben haben, betont August Gächter. Er stellt aber fest: "Wenn man mit geringer Bildung etwa aus Serbien nach Österreich kommt, ist das nachvollziehbar." Denn: Je geringer die Bildung bei Migranten, desto geringer der Einkommensunterschied zu den Nicht-Migranten. Er kritisiert die unsachlichen Entscheidungskriterien der Arbeitgeber bei der Jobvergabe an Arbeitnehmer. "Es geht um Merkmale die bei der Zweiten Generation genauso zu bemerken sind, wie bei der Ersten Generation, und das bei beiden Geschlechtern." Es kann nicht das Ausmaß der Deutschkenntnisse sein. Vielmehr vermutet er Probleme bei der Akzeptanz gegenüber Akzenten und Abschreckung gegenüber ausländisch klingenden Namen.
Anonymisierte Bewerbungen wie sie in den USA oder Großbritannien seit den 1960er Jahren üblich sind, würden hier eventuellen Diskriminierungen zuvorkommen, sagt der Migrationsforscher. Besonders Frauen mit Migrationshintergrund sind von den unsachlichen Entscheidungen der Arbeitgeber betroffen. Sie waren auch die ersten, die in der Wirtschaftskrise entlassen wurden, fügt er hinzu. Laut den Zahlen der Studien gibt es auch eine hoffnungsvolle Seite in Hinblick auf soziale Gerechtigkeit bei der Bildungsverwertung von Migranten. Gächter: "Das Problem der Bildungsverwertung bei der Zweiten Generation ist nur halb so groß wie bei der Elterngeneration. Wenn das so weiter geht, dann wird es keinen Unterschied mehr in der dritten Generation geben."