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Migration hebt globalen Wohlstand

Von Harald Waiglein

Wirtschaft
Jeder kann sich eine Scheibe vom Wohlstand abschneiden: Ein zugewanderter Kebab-Verkäufer beim Kampf gegen die globale Armut. BilderBox

Weltweit 200 Millionen Migranten. | Zuwanderung sollte mit Abkommen geregelt werden. | Industrie- und Entwicklungsländer profitieren davon. | Washington. In den industrialisierten Ländern wird Zuwanderung gegenwärtig weniger als Chance, sondern mehr als Problem gesehen. Ein neuer Bericht der Weltbank mit dem Titel "The Economic Implications of Remittances and Migration" kommt nun zum Schluss, dass die Chancen überwiegen. "Internationale Migration kann zu erheblichen Wohlfahrtssteigerungen für Migranten und ihre Familien sowie für deren Herkunfts- und Zielländer führen," heißt es in dem Bericht, allerdings mit der wichtigen Einschränkung "wenn Regelungen angestrebt werden, um besser mit dem Strom der Migranten umzugehen und Geldtransfers zu erleichtern."


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Potential enorm

Der Bericht sieht in der internationalen Migration ein "Potential für enorme Wirtschaftssteigerungen". Wenn sich die Zahl der Arbeitskräfte in einkommensstarken Ländern durch Zuwanderung bis zum Jahr 2025 um 3 Prozent erhöhen würde, dann würde das weltweite Realeinkommen dadurch um 0,6 Prozent bzw. 356 Mrd. Dollar steigen. Die Größenordnung dieser Zuwanderung würde jener der vergangenen drei Jahrzehnte entsprechen. Von den Migrationsströmen würden sowohl die Migranten als auch die Entwicklungs- und Industrieländer profitieren.

Der Großteil des Gewinnes ginge allerdings in die Entwicklungsländer. Konkret kämen vom zusätzlichen globalen Realeinkommen 162 Mrd. Dollar den Migranten selbst zugute, 143 Mrd. den Menschen in Entwicklungsländern und 51 Mrd. der Bevölkerung der einkommensstarken Länder.

Regelungen nötig

Um diese Wohlstandsgewinne zu erreichen, schlägt die Weltbank vor, dass Entwicklungsländer mit jenen Ländern Abkommen schließen, in die ihre Bürger abwandern. In diesen Abkommen sollten Regeln für den Grenzübertritt und den Zugang zum Arbeitsmarkt festgelegt werden, aber auch für die Geldüberweisungen der Migranten in ihr Heimatland. Für solche Überweisungen würden nämlich häufig Gebühren von 10-15 Prozent der Beträge verrechnet, was weit über den tatsächlichen Kosten liege, kritisiert die Weltbank. Abgesehen davon versuchen einige Staaten, solche Überweisungen zu besteuern.

"Bei mittlerweile 200 Millionen Migranten weltweit stellen deren Arbeitsleistung und Erträge ein bedeutendes Werkzeug zur Reduktion der Armut dar", sagt François Bourguignon, der Chefvolkswirt der Weltbank. Besonders Überweisungen von Migranten an deren Angehörige spielten dabei eine entscheidende Rolle. 232 Mrd. Dollar an solchen Überweisungen wurden weltweit offiziell erfasst. Tatsächlich könnte der Betrag noch einmal um die Hälfte höher liegen, schätzt die Weltbank.

Von den offiziell erfassten Überweisungen gingen 167 Mrd. Dollar in Entwicklungsländer. Das dieser Betrag doppelt so hoch ist, wie die gesamte Entwicklungshilfe, die diese Länder erhalten, zeigt, wie wichtig Migrantenüberweisungen für deren Wirtschaft ist. Aber auch so manches europäische Land zählt zu den großen Nutznießern: Frankreich erhält in absoluten Zahlen die vierthöchsten Überweisungen von Migranten (siehe Grafik). In Bosnien-Herzegowina belaufen sie sich auf über einem Fünftel des Bruttoinlandsproduktes.