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"Wo es um das Wohl und Wehe des Vaterlandes geht, darf man nicht überlegen, ob es recht oder unrecht (...) ist. Man muss vielmehr jede Rücksicht beiseitelassen und darf nur die Maßnahmen ergreifen, die ihm Leben und Freiheit retten." Diese Argumentation aus Niccolò Machiavellis "Discorsi" hat sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner offenbar zu eigen gemacht, wenn sie die Vergabe eines 420.000-Euro-Auftrags ohne Ausschreibung damit rechtfertigt, dass es schnell gehen musste, damit dem Staat nicht Einnahmen "im zwei- wenn nicht sogar dreistelligen Millionenbereich" entgehen. Was im von Kleinkriegen zwischen den Stadtstaaten geprägten Italien der Renaissance gegolten hat, kann nicht einfach auf das 21. Jahrhundert umgelegt werden.
Die Frage, wie viel Rechtsbruch aus Staatsraison in Kauf genommen werden darf, muss in einer Demokratie westlichen Zuschnitts ganz einfach zu beantworten sein: gar keiner.
Wenn es wirklich so drängt, dass man für einen Auftrag die Ausschreibungsregeln umgehen muss, dann darf das nur über eine gesetzliche Ausnahmeregelung geschehen - und sollte auch so kommuniziert werden. Dass im Nachhinein der Rechnungshof draufkommen muss, macht die Optik umso fataler. Sich darauf herauszureden, dass man den Auftrag ohnehin auf die erlaubten weniger als 100.000 Euro geschätzt habe, kann angesichts tatsächlicher Kosten von 420.000 Euro nur ein schlechter Scherz, eine faule Ausrede oder (fast am schlimmsten) völlige Inkompetenz sein.