FPÖ-Absage an ÖVP-Landeshauptfrau erhöht Chance auf Schwarz-Rot. Druck auf Ablöse von SPÖ-Chef Schnabl.
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Wie geht es in Niederösterreich weiter? Nach der Landtagswahl am Sonntag, die für die ÖVP mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nicht nur den Verlust der absoluten Mehrheit im Landtag, sondern erstmals nach 1945 auch in der Landesregierung gebracht hat, gab es in der Landes-ÖVP vorerst interne Beratungen. In der Landesregierung haben nun FPÖ und SPÖ eine Mehrheit. Am Mittwoch will Mikl-Leitner die Gespräche mit den anderen Parteispitzen führen. Was die Führung des Landes betrifft, bleiben nach der Wahl praktisch nur mehr zwei Varianten: eine schwarz-rote Koalition oder eine schwarz-blaue Koalition. Allerdings hat die FPÖ noch am Wahlsonntag ihre Absage an eine Zusammenarbeit mit Mikl-Leitner bekräftigt.
Die ÖVP wollte vor Gesprächen über Arbeitsabkommen mit FPÖ und SPÖ die Personalentscheidungen in der SPÖ am Montagabend abwarten. Dort stand SPÖ-Chef Franz Schnabl nach dem Abrutschen seiner Partei hinter die FPÖ auf Platz drei vor der abendlichen Sitzung (nach Redaktionsschluss) des Landesparteivorstandes massiv unter Ablösedruck. Als personelle Alternative wurde laut Medienberichten Sven Hergovich (34) genannt, der derzeit Geschäftsführer des AMS Niederösterreich ist.
Unterschiedliche Mehrheitenin Regierung und Landtag
Warum sind realistischerweise nur mehr diese beiden Koalitionsvarianten für die Führung Niederösterreichs im Spiel? Das ergibt sich aus den neuen Kräfteverhältnissen mit unterschiedlichen Mehrheiten in der Landesregierung und im Landtag. In Niederösterreich gilt ein Proporzsystem, das jeder Partei nach Stimmenstärke (ab rund zehn Prozent) automatisch Sitze in der Landesregierung sichert. Die ÖVP hat in der Landesregierung aufgrund des Absturzes bei der Wahl zwei von sechs Regierungssitzen verloren und hält nur mehr vier der insgesamt neun Regierungsämter. Damit kann die ÖVP künftig von FPÖ und SPÖ in der Landesregierung überstimmt werden.
Die Freiheitlichen ziehen künftig nicht nur mit drei Mitgliedern in die neue Landesregierung ein. Laut Landesverfassung stellen die beiden stärksten Parteien den Vizelandeshauptmann. Neben Stephan Pernkopf (ÖVP) war das bisher SPÖ-Chef Franz Schnabl. Dieser Posten fällt nun den Blauen zu.
Im Gegensatz zur Landesregierung hätte aber eine rot-blaue Koalition, vor der die ÖVP im Wahlkampf gewarnt hat, im Landtag mit 26 Mandaten (FPÖ 14, SPÖ 12) gemeinsam keine Mehrheit. Dafür sind 29 der insgesamt 56 Mandate notwendig. Sowohl Grüne (nun vier Mandate) als auch Neos (drei Mandate) haben stets betont, keine Koalition mit der FPÖ und ihrem Parteiobmann Udo Landbauer zu unterstützen.
Eine Koalition der ÖVP mit künftig 23 Mandaten gemeinsam mit Grünen und Neos scheidet umgekehrt allerdings auch aus. Denn weder Grüne noch Neos sind in der Landesregierung vertreten, eine solche Zusammenarbeit stünde damit einer blau-roten Mehrheit in der Landesregierung gegenüber.
Die Freiheitlichen mit Landbauer an der Spitze, die mit starken Zuwächsen als zweitstärkste Kraft eindeutiger Wahlsieger sind, sind offensichtlich nicht gewillt, Mikl-Leitner nach den massiven ÖVP-Verlusten bei der Koalitionssuche entgegenzukommen. Landbauer will das Versprechen aus dem Wahlkampf, Mikl-Leitner nicht wieder zur Landeshauptfrau zu wählen, einlösen. FPÖ-Generalsekretär Micheal Schnedlitz, ein Niederösterreicher, lehnte eine Zusammenarbeit mit Mikl-Leitner ab. Bliebe die Variante von Schwarz-Blau ohne Mikl-Leitner. Die Landes-ÖVP und sie selbst haben sich jedoch gegen ihren Rücktritt ausgesprochen. Bundespolitisch könnte die FPÖ mit Parteiobmann Herbert Kickl bei der kommenden Nationalratswahl profitieren, wenn die FPÖ zwar sicher drei Landesregierungsmitglieder stellt, aber von einer Koalition im Land ausgeschlossen bleibt.
Damit bleibt nur mehr Schwarz-Rot. Für Mikl-Leitner hat das den Nachteil, dass dann genau jene beiden Parteien Niederösterreich in einer Koalition führen, die als Verlierer aus der Wahl hervorgegangen sind. In der SPÖ war bis zuletzt von einem freien Spiel der Kräfte im Landtag die Rede. Es müsse aber jemand das Land führen, hieß es am Montag. Die ÖVP müsse jedenfalls Zugeständnisse bei SPÖ-Themen machen.
St. Pöltner Bürgermeister für Konsequenzen in der SPÖ
Allerdings formierte sich am Montag in der SPÖ wegen des Abrutschens auf Platz drei Widerstand gegen Schnabl. Intern liefen hektische Beratungen und intensive Telefonate. St. Pöltens SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler stellt Schnabl via "NÖN" offen die Rute ins Fenster: "Wenn man Wahlen verliert, muss man die Konsequenzen ziehen." Man werde "über eine Neuaufstellung und die künftige Ausrichtung diskutieren", war im Vorfeld zu hören. Man müsse den Ernst der Lage erkennen.