Auch Austern und Muscheln sind kontaminiert - vielfach von Funktionskleidung und Netzen.
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Ob im Wasser oder auf dem Gletscher, im Tiefland oder im Hochgebirge - kaum noch eine Region auf Erden ist vor Mikroplastik gefeit. Die Folgen sind nicht absehbar. So verhungern Tiere bei vollem Magen, weil sie Plastik, nicht Nährstoffe fressen. Zudem bewirken Fremdkörper im Organismus Immunreaktionen. Bisher galt der Plastikmüll als Hauptverursacher dieser Entwicklung. Immer häufiger entdecken Forscher allerdings Teilchen in Faserform. Diese stammen nicht per se vom Müll, sondern von Funktionskleidung. US-Ökologen der Portland State University fanden nun Mikroplastik auch in Austern und Muscheln, wie sie im Fachblatt "Limnology and Oceanography" berichten. Dieses sei ein Zerfallsprodukt von Yogakleidung, Fleecejacken und atmungsaktiven Materialien.
Schon zu Beginn des Jahres hatte eine Studie italienischer Forscher für Aufsehen gesorgt, wonach auf den Gletschern mittlerweile so viel Mikroplastik zu finden ist wie an den Meeresstränden und am Ozeanboden. Immerhin stammten zwei Drittel der untersuchten Proben von Funktionskleidung der Bergtouristen. Unter Mikroplastik versteht man Plastikteilchen, die kleiner als 5 Millimeter sind und oft auch nicht mehr mit dem bloßen Auge erkennbar. Solche hatten die Wissenschafter aus dem Forni Gletscher im Nationalpark Stilfserjoch geborgen.
700.000 Teile pro Waschladung
Ein Forschungsteam um Britta Baechler von der Portland State University hat sich an der nördlichen pazifischen US-Küste umgesehen, genauer gesagt in Oregon. Austern und Messermuscheln haben in dieser Region eine große kommerzielle und kulturelle Bedeutung. Im Zuge ihrer Untersuchungen fanden die Wissenschafter im Durchschnitt elf Mikroplastikteilchen pro Auster und neun pro Muschel. Bei nahezu allen Rückständen handelte es sich um typische Mikrofasern, die sowohl von synthetischen und natürlichen Materialien stammen, als auch von zerfallenen Fischernetzen. Während das Mikroplastik im Gebirge von Kleidung stammt, die auf dem Berg vergessen wurde, handelt es sich im Wasser um Teilchen, die durch Waschen gelöst werden und mit dem Abwasser an die Küste gelangen. Bis zu 700.000 Mikrofilamente lösen sich bei einer Waschmaschinenladung, erklärt Baechler in der Studie.
Zudem wurde in Austern aus dem Frühjahr mehr Plastik gefunden als in Tieren, die im Sommer eingesammelt wurden. Die Forscher erklären sich die Tatsache damit, dass in den Jahreszeiten unterschiedliche Arten von Kleidung getragen werden.
Da Fischernetze eine Quelle für die Mikrofasern sein können, werden viele Fischer und Austernzüchter dafür beschuldigt, betont die Umweltwissenschafterin Elise Granek. "Doch wir alle verwenden Plastik im Alltag. Wir alle sind die Quelle für die Kontamination der Meeresfrüchte. Und Mikroplastik befindet sich nicht nur in Meeresfrüchten. Wir wissen, dass es auch in unserem Bier, in unserem Salz und in unserem Trinkwasser vorkommt."
Weitere Forschungen seien nötig, um herauszufinden, welche Auswirkungen die Kunststoffpartikel auf die Organismen selbst haben und auf den Menschen, der sie zu sich nimmt.