(dpa) Russland hält Syriens Machthaber Bashar al-Assad ungeachtet der Gewaltexzesse im Land weiter für tragbar. Jeder Staat habe das Recht, sich gegen Putschversuche Aufständischer zu wehren, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch. Er erklärte damit, warum die Vetomacht Resolutionen gegen Assads blutige Politik im Weltsicherheitsrat verhindert. Doch die Gründe liegen tiefer. Moskau verbinden mit Damaskus eine jahrelange Freundschaft und militärische Zusammenarbeit. Und dabei hat Russland auch eigene Interessen im Blick.
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In der Libyen-Krise hat das Land noch durch Enthaltung im Weltsicherheitsrat den Weg für eine Militäroffensive freigemacht. Seither aber kritisiert die Führung in Moskau fast täglich die Gewalt der Nato in Libyen. Regierungschef Wladimir Putin sprach im März von einem "Kreuzzug". Beunruhigend sei es, mit welcher Leichtigkeit Kampfhandlungen auf internationaler Ebene gegen souveräne Staaten durchgesetzt würden. Die Libyen-Resolution sei "nicht vollwertig und außerdem schädlich", weil sie allen alles erlaube, donnerte Putin.
Damit zeichnete der russische Ex-Präsident im Grunde auch die Linie seines Landes für die Zukunft vor. Der Westen habe kein Recht, sich in einen inneren Konflikt zugunsten nur einer Seite einzumischen. Die Führung in Moskau nutzt diese Gelegenheiten gerne, an russische Urängste zu rühren, wonach die Gier des Westens nach Öl und Gas über allem stehe.
Regierungstreue Kommentatoren sekundieren zudem, dass ein "Eroberungszug" wie in Libyen oder vorher im Irak und in Afghanistan freilich auch Russland treffen könne. Traditionell wenden sie sich gegen die Rolle der USA als "Weltpolizei", die unter dem Vorwand von Friedensmissionen zum Schutz friedlicher Bürger es doch nur auf Bodenschätze abgesehen habe. Die gängige These: Wenn es den USA wirklich um die Demokratie ginge, dann würden doch auch arme Länder vom Joch der Diktatoren befreit.
Moskau selbst hält sich deshalb aus solchen internationalen Konflikten wie in Syrien heraus. Grund dafür ist, wie Beobachter meinen, dass das Land durch seine neutrale Haltung nach Ende der Kampfhandlungen wirtschaftlich leichter Fuß zu fassen hofft. Wie Libyen war bisher auch Syrien ein guter Kunde für russische Waffenlieferungen - zum Ärger Israels. Vor allem der russischen Rüstungslobby machen die zunehmenden Verluste bei Waffenverkäufen durch die Umbrüche in der arabischen Welt Sorgen.
Bei Syrien, einem dankbaren Abnehmer für russische Raketen, kommt hinzu, dass Moskau dort den einzigen Militärstützpunkt außerhalb der früheren Sowjetunion unterhält. Die Basis in der syrischen Hafenstadt Tartus soll saniert und mit modernster Technik ausgestattet werden.