Zum Hauptinhalt springen

Militärisch marginale Unterschiede

Von Walter Hämmerle

Politik
Heinz Gärtner: Wenn das Anreizsystem nicht funktioniert, wird es teurer werden. Foto: Wiener Zeitung/Newald

Gärtner: Folgen wegen Zivildienst gravierend. | "Kosten stets Frage der Berechnung." | "Wiener Zeitung": Seit 2004, als die Reformkommission ihren Bericht vorgelegt hat, wird versucht, das Bundesheer an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Ist die aktuelle Debatte das endgültige Eingeständnis des Scheiterns? | Heinz Gärtner: Diese Entwicklung war ein Prozess, der viele einzelne Bausteine bewegt hat. Bereits die Kommission war ein Kompromiss. Erst jetzt, mit der Debatte um eine neue Sicherheitsstrategie, kristalliert sich heraus, wozu das Bundesheer künftig benötigt wird.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Frage der Wehrpflicht ist, obwohl kein zwingender Zusammenhang besteht, eben der nächste Schritt.

Das klingt, als ob die Sicherheitsstrategie bereits beschlossen ist, dabei haben die Verhandlungen im Parlament noch nicht begonnen.

Das stimmt, aber die Entwürfe von SPÖ und ÖVP gehen doch in die gleiche Richtung: Beide betonen Konfliktprävention, Krisenmanagement, Katastrophenhilfe und mehr Europa.

Nun will Verteidigungsminister Darabos das schwedische Modell übernehmen. Dabei ist das Budget Schwedens mit 1,3 BIP-Prozent fast doppelt so groß wie das österreichische. Und Schweden ist, obwohl bündnisfrei, mit seinen Nachbarn eine Bündnisverpflichtung eingegangen.

Der Begriff Modell bezieht sich offensichtlich nur auf die Zusammensetzung der Streitkräfte, jede Analogie scheitert, wenn man ins Detail vordringt.

Taugt diese Modell als Ersatz für das Bundesheer?

Ich sehe eigentlich keinen dramatischen Unterschied zwischen den neuen Plänen und dem Bestehenden. Beide müssen künftig die gleichen Aufgaben bewältigen. Ob man nun die Miliz aus einem Pool von Wehrpflichtigen rekrutiert oder über ein finanzielles Anreizsystem plus Zeitsoldaten, ist eine politische Frage. Natürlich sind die Sekundärkonsequenzen, etwa der Wegfall des Zivildienstes, gravierend, aber das spielt militärisch keine Rolle. Zudem verlangen auch Katastropheneinsätze hochqualifiziertes Personal, das ist längst deutlich mehr als das bloße Schneeschaufeln bei Lawinenabgängen.

Die militärische Führung betont, dass ein Berufsheer bei gleicher Leistungsfähigkeit deutlich teurer komme.

Bestehende Strukturen haben bei Veränderungen immer Probleme.

Gleichzeitig verspricht Darabos, dass es trotz Personalabbaus zu keinen Kasernenschließungen kommen soll.

Das firmiert wohl unter der Rubrik politisch notwendiger Kompromisse mit den Landeshauptleuten. Wenn Kasernen nicht mehr gebraucht werden, sollte man sie auch zusperren.

Wenn schon sicherheitspolitisch Tabula rasa, warum dann nicht auch tabulos über Neutralität diskutieren?

Wehrpflicht und Neutralität haben nichts miteinander zu tun .. .

Das stimmt, aber Schweden hat eine Beistandsverpflichtung mit den Nachbarn .. .

.. . aber es ist nach wie vor bündnisfrei. Das ist nicht vergleichbar mit dem Artikel 5 des Nato-Vertrags oder vergleichbaren EU-Bestimmungen. Ich bin überzeugt, dass, wenn man eine engagierte Neutralitätspolitik verfolgt, die insbesondere bei internationalen Einsätzen von Vorteil ist.

Sind sicherheitspolitische Fragen geeignet für die direkte Demokratie?

Wenn es Politikern, Medien und Experten gelingt, ihre Argumente verständlich dazulegen, dann ja.

Halten Sie die Aussage, eine Umstellung auf ein Berufsheer komme nicht teurer, tatsächlich für glaubwürdig?

Als kürzlich Experten aus verschiedenen Ländern ihre Modelle präsentierten, behaupteten alle, ihr neues Modell sei kostenneutral oder sogar günstiger. In Wirklichkeit ist es eine Frage der Berechnung und dessen, worauf man sich konzentriert. Prinzipiell glaube ich, dass es möglich ist, aber nur, wenn das Anreizsystem bei der Miliz auch funktioniert. Ansonsten wird es teurer werden.

Heinz Gärtner lehrt und forscht am Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP).