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Militärjunta gaukelt Wahl vor

Von Klaus Huhold

Politik

Keine Redefreiheit, mehr als 2000 politische Gefangene. | Opposition ist schwach oder boykottiert Wahl. | Rangun/Wien. In Burma (Myanmar) wurde ein weißer Elefant gesichtet. Und das lässt bei der Militärjunta rechtzeitig vor den Parlamentswahlen am 7. November Freude aufkommen. Denn eine derartig seltene Entdeckung ist nach weit verbreitetem Glauben ein gutes Omen und bedeutet, dass die Herrscher des Landes gütig sind und den Untertanen Wohlstand bevorsteht.


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Nur fünf weiße Elefanten wurden in den vergangenen zehn Jahren in Burma entdeckt. Die Generäle ließen über die gleichgeschaltete Staatspresse Mönche verlauten, dass weiße Elefanten nur dort auftauchen, wo Herrscher gerecht seien. Für die mehr als 2000 politischen Gefangenen, die in Burmas berüchtigten Foltergefängnissen einsitzen, muss das wie blanker Hohn klingen.

Doch eigentlich benötigen die seit 1962 mit eiserner Faust herrschenden Generäle keine weißen Elefanten, damit der Urnengang ganz in ihrem Sinne verläuft und sie die Geschicke des Landes weiter bestimmen. "Die Militärs haben ihre Uniformen aus- und die Parteijacken angezogen. Gleichzeitig haben sie alles unternommen, damit sie ihren Einfluss nicht verlieren", sagt der Politologe Marco Bünte vom Hamburger Giga-Institut für Asienstudien.

Für die Wahl hat die Junta extra die Partei "Union für Solidarität und Entwicklung" (USDP) aus dem Boden gestampft, für die hochrangige Armeeanghörige antreten. Die USDP hat den gesamten Staatsapparat hinter sich, während die Opposition kaum Ressourcen besitzt und deshalb in manchen Regionen nicht einmal antritt. Zudem sind unabhängig vom Wahlausgang ohnehin ein Viertel der Parlamentssitze und die Schlüsselministerien für die Armee reserviert.

Manipulierte Farce

Auch sonst kann von freien Wahlen nicht die Rede sein: Das Regime macht keinerlei Anstalten, die politischen Gefangenen freizulassen. Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi steht unter Hausarrest. Die Junta kündigte zwar nun an, die Friedensnobelpreisträgerin "vielleicht" freizulassen, aber wenn, dann erst nach den Wahlen.

Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie (NLD), hat sich für den Wahlboykott entschieden, da sie an einer manipulierten Farce nicht teilnehmen will. Die letzte Wahl im Jahr 1990 hat die NLD mit Vierfünftelmehrheit gewonnen. Ihr Erfolg wurde aber vom Militärregime ignoriert, das weiter per Dekret regierte.

Was die Junta mit der abermaligen Wahl bezweckt, ist laut Bünte klar: "Sie will ihre Herrschaft legitimieren." Teilweise wird dieses Kalkül wohl aufgehen. So wird etwa China die Wahl abnicken und nachher weiter ungestört die burmesischen Ressourcen wie Erdöl und Gas ausbeuten. Der Westen hingegen hat Burma mit Sanktionen belegt und die Wahl schon im Vorfeld scharf kritisiert. Die USA etwa bezeichneten den Urnengang als unglaubwürdig.

Manche Beobachter verweisen aber darauf, dass die Wahl trotz aller Manipulationen die Tür zur Demokratie zumindest einen Spalt breit öffnen könnte. So wird etwa erstmals eine legale Opposition existieren. Doch noch fehlen grundlegende Voraussetzungen, damit diese überhaupt Gehör finden kann, betont Bünte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Derzeit existieren ja nicht einmal Versammlungs- und Redefreiheit.

Zudem ist fraglich, wer innerhalb des Militärs zukünftig das Sagen haben wird. Staatschef Than Shwe wird nicht zur Parlamentswahl antreten, verlautete nun aus Juntakreisen. Das hat aber noch nicht viel zu bedeuten. Denn nach der Wahl werden Parlament und Armee einen neuen Präsidenten bestimmen. Und hier könnte sich der skrupellose General wieder ins Spiel bringen und der starke Mann in dem südostasiatischen Land bleiben.

Abgeschottetes Regime

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der 77-jährige Than und seine ebenfalls in die Jahre gekommene Führungsriege tatsächlich in den Ruhestand gehen und einer jüngeren Generation von Generälen das Feld überlassen. "Welche politischen Vorstellungen in so einem Fall die jungen Militärs mitbringen werden, lässt sich aber bei einem derart abgeschotteten Regime nicht voraussagen", erläutert Bünte.

Auch eine weitere heikle Frage bleibt mit der Wahl ungelöst: Die Zukunft der ethnischen Minderheiten in dem 48-Millionen-Einwohner-Staat. Die Wahl sollte nach Willen der Junta einen nationalen Eingungsprozess in Gang setzen. Doch in vielen von Minderheiten bewohnten Regionen scheint das nicht zu funktionieren.

In Burma leben etwa 130 Minderheiten, aus denen sich mehr als ein Dutzend bewaffnete Verbände rekrutieren. Einige dieser Rebellengruppen haben ein Waffenstillstandsabkommen mit der Junta geschlossen, manche Minderheiten verwalten nun gar ihre Regionen selbst.

Doch in diesen Gebieten wird die Wahl teilweise abgelehnt. So wird etwa in dem von der Ethnie der Wa beherrschten Landesteil kein Urnengang stattfinden. Gleichzeitig mobilisieren die Wa, die eigentlich ein Waffenstillstandsabkommen mit der Regierung abgeschlossen haben, ihre bewaffneten Verbände. Denn sie fürchten, dass die Junta den Wahlboykott zum Anlass nimmt, um die Region anzugreifen.