Wirtschaftssanktionen stoßen international auf Kritik. | Armeeeinmarsch nur mit hohem Blutzoll möglich. | Gaza. (dpa) Das Ende der Waffenruhe am Freitag besiegelten die militanten Palästinensergruppen im Gaza-Streifen genau wie den Beginn sechs Monate zuvor: Sie feuerten selbst gebaute Raketen auf Israel ab. Die israelische Armee warnt jetzt die Hamas vor einem Kollisionskurs, falls der tägliche Beschuss weitergehen sollte. Das Problem: Bisher hat die Armee kein wirksames Mittel gegen die Raketen gefunden. Und die Regierung ist beim Abwägen eines breit angelegten Militäreinsatzes gegen die Militanten gespalten. Und dann steckt Israel noch in einem weiteren Dilemma: Die Geduld der internationalen Gemeinschaft mit der Abriegelung von 1,5 Millionen Palästinensern im Gaza-Streifen läuft langsam aus.
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Hamas-Führungabgetaucht
Aus Gaza hört man, dass die Hamas-Führer wieder in den Untergrund abgetaucht sind - aus Angst vor gezielten Tötungen. Darüber hinaus hat die Hamas Büros evakuiert. Am Freitagmorgen haben die Al-Kassam-Brigaden, der 20.000 Mann starke bewaffnete Flügel der Hamas, Israel "eine schmerzhafte Antwort" angekündigt, falls die Armee einmarschieren sollte.
Israel wägt jetzt seine Optionen ab. Ein Kreis um Außenministerin Tzipi Livni fordert harte Maßnahmen. Der scheidende Premier Ehud Olmert und Verteidigungsminister Ehud Barak wollen sich aber zur Zeit auf keine massive Militäroperation einlassen. Beide fürchten, dass viele israelische Soldaten getötet werden könnten. Und beide glauben nicht, dass es einen K.o.-Sieg über die Hamas geben könnte.
Barak glaubt, die Militanten vielmehr mit einer Wirtschaftsblockade in die Knie zwingen zu können. Allerdings wird der Geduldsfaden der internationalen Gemeinschaft wegen der Blockade des Gaza-Streifens immer dünner. "Wir müssen eins ganz klar sagen. Die gegenwärtige Situation schadet nicht der Hamas in Gaza, sondern den Menschen", zitiert "Haaretz" den Beauftragten des Nahost-Quartetts, Tony Blair. Die UN-Hilfsorganisationen laufen seit Wochen Sturm gegen die Abriegelung. Laut UN-Bericht wurden trotz des Waffenstillstandes im November im Durchschnitt nur sechs Lastwagen pro Tag Hilfsgüter zur Versorgung von 1,5 Millionen Menschen in den Küstenstreifen gebracht. Im Mai 2007, also einen Monat vor der gewaltsamen Machtübernahme der Hamas, waren es noch 475 Lastwagen täglich. Nur noch 23 von 3900 Betrieben arbeiten den Angaben zufolge. Jeder Zweite ist arbeitslos. Die Armut grassiert.
Der militärische Flügel der Hamas begründete am Freitag das Ende der von Ägypten vermittelten Waffenpause denn auch damit, dass Israel nicht wie vereinbart die Blockade beendet und die Grenzübergänge für den Warenverkehr geöffnet habe. Israel wiederum rechtfertigt die Abriegelung mit dem fortwährenden Raketenbeschuss.
Die USA, der wichtigste Verbündete Israels, haben jetzt gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Nahost-Quartetts (EU, UNO und Russland) Israel in die Pflicht genommen. Das Quartett verurteilte zwar Anfang der Woche den Raketenbeschuss, drückte aber zugleich seine große Besorgnis wegen der Verschlechterung der wirtschaftlichen und humanitären Lage im Gaza-Streifen aus. Israel wird mit deutlichen Worten ermahnt, eine kontinuierliche Versorgung der Palästinenser mit Nahrung, Medizin und Wasser zu gewährleisten.