Mehr Budget für ein neues, erweitertes EU-Austauschprogramm.
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Wien. "Viele wussten bisher nicht, welches Programm das richtige für sie ist, und wo sie sich bewerben müssen", sagte EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou am Mittwoch über die EU-Austauschprogramme. Diese Probleme wird es künftig nicht mehr geben, "Brücken wurden geschlagen", so Vassiliou bei der Auftaktveranstaltung für das neue Modell in der Wiener Hofburg: Mit "Erasmus Plus" hat die EU sämtliche Bildungs- und Jugendprogramme gebündelt und erstmals mit dem Bereich Sport ergänzt.
"Erasmus Plus" ist mit Jahresbeginn gestartet und läuft bis 2020 - insgesamt stehen für diesen Zeitraum 14,7 Milliarden zur Verfügung, der Großteil fließt in den Bildungsbereich. Jedes Land kann selbst entscheiden, ob es die einzelnen Stipendien erhöht oder das Geld auf mehr Teilnehmer verteilt.
Ein um 40 Prozent höheres Budget als bisher
Europaweit ist das ein um 40 Prozent höheres Budget als bisher, das Menschen im Alter von 13 bis 30 Jahren in den nächsten sieben Jahren zur Verfügung steht. Und zwar nicht mehr nur Studenten: Zu "Erasmus Plus" gehören neben den Hochschulprogrammen Erasmus für Studierende und Jean Monnet für die internationale Hochschulkooperation auch Comenius für Schüler, Leonardo da Vinci für Auszubildende und Grundtvig für die Erwachsenenbildung. Außerdem wird mit "Jugend in Aktion" erstmals ein eigener Förderbereich für Sport eingerichtet.
Der Begriff Sport ist breit gefächert. So sollen bis 2020 rund 265 Millionen Euro in Maßnahmen gegen länderübergreifende Probleme wie Spielabsprachen, Gewalt und Doping fließen. Breitensportprojekte werden ebenfalls gefördert, sofern sie etwas zu gesellschaftlich relevanten Themen wie Geschlechtergleichstellung oder Bewegung für alle beitragen.
Gemessen am Gesamtbudget kommen 1,8 Prozent dem Sportbereich zugute. Der Löwenanteil der rund 15 Milliarden Euro fließt mit 77,5 Prozent in den Bildungsbereich. Zehn Prozent stehen dem Jugendsektor zur Verfügung, der Rest wird für Garantien für Studiendarlehen und Jean-Monnet-Förderaktivitäten verwendet.
Nicht unumstritten ist die Neuerung, dass Master-Studierende Darlehen zur Finanzierung eines vollen Studiums im Ausland beantragen können. Abgeordnete der europäischen Linkspartei sehen darin ein "Verschuldungssystem à la USA".
Laut Vassiliou geht es aber um ein höheres Ziel: "Erasmus Plus" soll helfen, die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Durch die Auslandserfahrungen und sprachlichen Kompetenzen eignen sich Teilnehmer nach Ansicht der Bildungskommissarin Qualitäten an, die die Jobchancen erhöhen. Das Problem ist bekannt: EU-weit sind derzeit 26 Millionen Menschen arbeitslos, darunter sechs Millionen junge Menschen.
Konkret diesen Punkt hob auch Minister Reinhold Mitterlehner vor, der inzwischen in Österreich nicht nur dem Wirtschafts-, sondern auch dem Wissenschaftsressort vorsteht. "Rund 70 Prozent der Erasmus-Teilnehmer sehen ihre Chance, einen Job zu erhalten, erhöht", sagte er. Die Vernetzung innerhalb der EU halte er für essenziell. Problematisch sei, dass nach der Krise 2009 "die Mobilität nicht in dem Ausmaß verwirklicht wurde, wie es nötig gewesen wäre". Nur zehn Prozent der EU-Bürger hätten mehr als eine Woche lang in einem anderen Mitgliedsland gearbeitet. In Österreich waren es unterdurchschnittliche acht Prozent. Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek ergänzte: "Besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Austauschprogramme bedeutender denn je, um die Qualifizierung junger Menschen zu stärken."
Ziel sind vier Millionen Studenten bis 2020
Für das Jahr 2014 erhält Österreich von der EU für das "Erasmus Plus"-Programm 28 Millionen Euro - davon sind alleine für Bildungsprogramme 22,3 Millionen Euro reserviert.
Mit dem "Erasmus Plus"-Angebot für Studenten fällt das Flaggschiff des EU-Programms in Mitterlehners Zuständigkeitsbereich. Derzeit absolvieren jährlich rund 4600 heimische Studenten einen Erasmus-Studienaufenthalt im Ausland, dazu kommen 1100 Erasmus-Praktika. Bisher haben rund 74.000 österreichische Studenten eines der beiden Programme in Anspruch genommen. Bis 2020 sollen es 100.000 sein. Um diese Zahl zu erreichen, will der Minister in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode mit den Unis festlegen, Auslandsaufenthalte besser in den Studienplänen zu verankern.
Insgesamt haben seit 1987 - das Jahr der Erasmus-Gründung - drei Millionen Menschen daran teilgenommen. 2020 soll diese Zahl bei vier Millionen liegen. "Sie lernen, weltoffener zu denken", so Vassiliou, "denn sie sind nicht nur ein Teil Europas, sie sind Europa."