Experten uneins - Schuh: "Würde nicht gleich die Alarmglocken läuten."
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Steuergelder in Milliardenhöhe hat die staatliche Krisenbank Hypo Alpe Adria bisher verschlungen. Damit ist der Spuk aber noch längst nicht vorbei. Denn für das Kärntner Milliardengrab wird der Bund auch künftig - so viel steht fest - geschmalzene Rechnungen zu begleichen haben. Wackelt dadurch das für 2016 angepeilte Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts? Und wenn ja: Muss nach den Nationalratswahlen ein neues Sparpaket geschnürt werden, damit der Budgetplan hält?
Bei Experten fallen die Antworten auf diese Fragen konträr aus. Geht es beispielsweise nach dem Ökonomen Ulrich Schuh, ist der Konsolidierungskurs nicht in Gefahr - trotz absehbarer weiterer Hilfen für die Hypo. "Der Budgetplan kann eingehalten werden", sagt der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts "EcoAustria" zur "Wiener Zeitung". "Und deshalb würde ich nicht gleich die Alarmglocken läuten. Ich glaube, dass man ohne neues Sparpaket durchkommt." Laut Schuh wäre ein solches in der derzeitigen Konjunkturlage auch nicht gut.
"Fliegen nicht aus der Kurve"
"Die bisherigen Sparmaßnahmen sind so angesetzt, dass eine gewisse Reserve da ist", erklärt der Experte. Ein ausgeglichenes Budget sei daher weiterhin möglich, "auch wenn es vorübergehend aus dem Ruder läuft". Die Hypo belaste nämlich nur für einen begrenzten Zeitraum und nicht dauerhaft, so Schuh. Sein Fazit: "Wir werden einen Umweg in Richtung Zielort (Nulldefizit, Anm.) machen, aber nicht aus der Kurve fliegen." Was für Schuh in diesem Zusammenhang jedoch feststeht: "Nach der Wahl Zuckerl zu verteilen wird man sich auf keinen Fall leisten können."
Anders als Schuh sieht Christian Keuschnigg, Chef des Instituts für Höhere Studien, kaum eine Alternative zu einem neuen Sparpaket. Er bezeichnet die teuren Aussichten bei der Hypo als "schlechte Nachricht für den Konsolidierungspfad". Deshalb müssten Pläne für eine baldige Steuerreform "sehr behutsam bedacht und eigentlich aufgeschoben werden", zitiert ihn die "Kleine Zeitung".
Ein Damoklesschwert
Keuschnigg sieht nur zwei Möglichkeiten: entweder die Schulden steigen zu lassen oder "es ist ein neues Sparpaket nötig". Zumal die drohenden Hypo-Ausgaben in keinem Budget eingeplant seien. Wie berichtet, hat die EU-Kommission Österreich in Sachen Hypo-Kapitalbedarf für den Extremfall Beihilfen von 5,4 Milliarden Euro erlaubt, zuzüglich möglicher Liquiditätsgarantien sind es sogar 11,7 Milliarden Euro.
Ungeachtet dessen hat Finanzministerin Maria Fekter erst kürzlich erklärt: "Wir wollen kein neues Sparpaket schnüren." Sie sieht das Nulldefizit 2016 durch die Hypo nicht gefährdet. Margit Schratzenstaller vom Wifo hält das Erreichen dieses Ziels zwar weiterhin für nicht unmöglich, es werde jedoch viel schwieriger, und deshalb müssten Reformen energisch vorangetrieben werden. Bernhard Felderer, Chef des Staatsschuldenausschusses, beurteilt das ähnlich: Durch das Hypo-Desaster sei der Handlungsdruck für die nächste Regierung stark gestiegen.