Atrium pocht auf 2,1 Milliarden Euro. | Immobilienfirma will sich an Meinl schadlos halten. | Vorwurf: "Untreue am Vermögen der Gesellschaft." | Wien. Neues Ungemach für Julius Lindbergh Meinl und sein Finanzhaus, die Meinl Bank: Seit Mittwoch hat der schwerreiche Spross der berühmten Meinl-Handelsdynastie eine Milliardenklage am Hals. Dabei geht es um nicht weniger als 2,1 Milliarden Euro. Sollte der Klage Erfolg beschieden sein, wäre dies wohl das Ende für die Meinl Bank.
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Für den überraschenden Paukenschlag, einen weiteren in der Meinl-Finanzaffäre, sorgte die börsenotierte Immobiliengesellschaft Atrium, die vor etwas mehr als zwei Jahren aus der Meinl European Land (MEL) hervorgegangen ist. Sie brachte die spektakuläre Klage bei einem Gericht in London - dem "High Court of Justice" - ein. Unter anderem deshalb, weil Julius Meinl britischer Staatsbürger ist und Fragen des Jersey-Rechts zu behandeln sind (MEL hatte ihren Sitz auf der Kanalinsel Jersey).
Die Klagsschrift umfasst 80 Seiten. Atrium macht darin Ansprüche wegen Verlusten und Schäden geltend, die der Gesellschaft durch Fehlverhalten der früheren Geschäftsführung entstanden sind (als sie noch unter dem Namen Meinl European Land firmierte). Konkret gehe es um "Untreue am Vermögen der Gesellschaft", erklärte die Wiener Atrium-Anwältin Bettina Knötzl in einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch.
Meinl als Erstbeklagter
Die milliardenschwere Klage richtet sich vor allem gegen Julius Meinl, aber auch gegen die Meinl Bank, die Julius Meinl AG sowie einstige Manager aus dem MEL-Imperium (darunter Meinl-Bank-Vorstandsmitglied Peter Weinzierl). Ein Sprecher der Bank wies sie am Mittwoch als "populistische und absurde Aktion" zurück.
Die MEL-Nachfolgegesellschaft Atrium - Anfang August 2008 kamen mit dem internationalen Konsortium Gazit/CPI neue Eigentümer und ein neues Management an Bord - sieht sich jedenfalls als "Opfer von Malversationen". Deshalb sei die Gesellschaft "rechtlich verpflichtet, im Interesse ihrer Aktionäre Schadenersatzansprüche zu stellen", so Anwältin Knötzl zu den Gründen für die Zivilklage.
"Die Fakten sind wirklich atemberaubend", sagte sie. "Julius Meinl war bei MEL tief ins Tagesgeschäft verstrickt. Wir wollen beweisen, dass er Mastermind und Anstifter war." Knötzl schloss nicht aus, dass Atrium versuchen werde, auf Meinls Vermögen zuzugreifen. "Auch wenn das sicher nicht leicht sein wird."
Skepsis bei Rasinger
Aktionärsschützer Wilhelm Rasinger ist skeptisch, dass bei Meinl persönlich viel zu holen sein werde: "Das Leben des Bankiers wird wegen der internationalen Dimension, die der Fall jetzt bekommt, aber sicher etwas unkomfortabler."
Rasinger ist auch davon überzeugt, dass Meinl bereits einen Großteil seines Vermögens, auf das zugegriffen werden könnte, in einen "sicheren Hafen" gebracht hat. Für die Anleger selbst erwartet er sich trotz der enormen Klagssumme aber nicht viel. "Vielleicht werden ein paar Cent herausschauen", sagte er der Austria Presse Agentur.
Gegen Meinl und andere ihm nahestehende Personen ermittelt die österreichische Justiz seit mittlerweile fast drei Jahren wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug. Es gilt die Unschuldsvermutung. Bis dato hat die Staatsanwaltschaft noch keine Anklage erhoben, bisher liegt noch nicht einmal ein Gutachten auf dem Tisch.
Die Vorwürfe, die Atrium in der Klage anführt, sind auch nicht neu. Sie konzentrieren sich auf den umstrittenen Wertpapier-Rückkauf bei MEL im Jahr 2007 und auf zu viel bezahlte Gebühren (die von MEL und ihren Investoren an Meinls Bank gegangen sein sollen). Daraus leitet Atrium einen Gesamtschaden von 2,1 Milliarden Euro ab. Den Beklagten unterstellt das neuformierte Unternehmen, in der Absicht gehandelt zu haben, sich auf Kosten der Anleger zu bereichern.
Ein zäher Prozess droht
Theiss-Wolf-Anwältin Knötzl rechnet damit, dass der Prozess gegen Meinl & Co bis zu sieben Jahre dauert. Einen Vergleich will sie dabei nicht ausschließen. In der Meinl Bank wertet man die Klage "als Aufschrei, sich an den Tisch zu setzen".