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Millionen-Fragen für Aufsichtsräte

Von Bernhard Gröhs, Christian Havranek und Felix Prändl

Wirtschaft

Wie hoch dürfen Vorstandsgagen sein? | Unternehmerische Entscheidung, aber kein Freibrief. | Wien. Aufsichtsräte müssen sich auf unangenehme Frage vorbereiten: Das Wievielfache des durchschnittlichen Mitarbeitereinkommens dürfen Vorstandsgagen ausmachen? Darf ein gescheiterter Vorstand mit einem Golden Handshake abgefertigt werden? Und wenn ja, in welcher Höhe?


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Die Finanzkrise rückt die Diskussion um die Höhe der Vergütungen der Executives jener Unternehmen, die auch im öffentlichen Interesse stehen, in den Vordergrund.

Zum Wohl der Firma

Der Aufsichtsrat hat als Eigentümervertreter zu gewährleisten, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder angemessen sind. Dabei müssen sich seine Entscheidungen am Unternehmenswohl orientieren. Als Sorgfaltsmaßstab gilt der eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Er muss eine sogenannte "informed decision" treffen. Dabei handelt es sich - wie der Oberste Gerichtshof erst jüngst klar ausgesprochen hat - um eine unternehmerische Entscheidung. Das ist wichtig, weil bei unternehmerischen Entscheidungen ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird, der jedoch keineswegs undeterminiert ist: Die Entscheidung muss rational nachvollziehbar und die inhaltliche Gestaltung des Vorstandvertrages personalwirtschaftlich "State of the Art" sein.

Dieses Erfordernis ist bei einer Bewertung mittels Fremdvergleich erfüllt: Als Vergleichsmaßstab werden statistische Werte, die aus Gehaltsstudien gewonnen werden, herangezogen. Das hat den Vorteil, dass das Zahlenmaterial auch Mittelwerte und Mediane umfasst. Die oft kritisierten Supergagen können so methodisch als Ausreißer eingefangen werden und beeinflussen das Ergebnis nicht.

Um dann im konkreten Einzelfall die Grenzen der Angemessenheit zu bestimmen, sieht das Aktiengesetz drei entscheidende Kriterien vor: Die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder haben erstens in einem angemessenen Verhältnis zur Vermögens-, Finanz- und Ertragssituation der Gesellschaft zu stehen.

Der Wert des Einzelnen

Zweitens sind die Aufgaben des konkreten Vorstandsmitgliedes zu berücksichtigen. Dabei kommt es darauf an, wie weit der Aufgabenbereich des Einzelnen im Vergleich zu den Aufgaben der Vorstandskollegen ist. Und drittens ist die persönliche Leistung und Tüchtigkeit für die Höhe der Gage ausschlaggebend. Hierbei sollen nicht nur besondere Fähigkeiten, Kenntnisse, Ausbildung und Berufserfahrung eine Rolle spielen, sondern auch das Netzwerk und eingebrachte Kontakte.

Unter Berücksichtigung dieser Parameter ist dann der Fremdvergleich anzustellen, der sämtliche Vergütungsinhalte - also auch Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art - einbeziehen muss.

Zum besseren Vergleich sollten die Parameter gewichtet werden. Der Gesamtwert einer Vorstandsvergütung wird bestimmt, indem man die einzelnen Vergütungsbestandteile in Barwerte umrechnet sowie die Wahrscheinlichkeiten gewichtet, mit denen Vergütungen eintreten.

Der Aufsichtsrat gelangt somit nicht nur zu mathematisch nachvollziehbaren Ergebnissen, sondern kann auch in der Diskussion über die Gewichtung fixer wie variabler Bestandteile vergleichbare Szenarien entwickeln und die getroffene Entscheidung rational nachvollziehbar dokumentieren.

Bernhard Gröhs ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Christian Havranek ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Wentner & Havranek. Felix Prändl ist Rechtsanwalt in Wien.Ein ausführlicher Beitrag zu dem Thema erscheint auch in der Fachzeitschrift "Aufsichtsrat aktuell" des Linde Verlags.