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Milosevic verliert vielleicht das Amt, aber nicht seinen Einfluss

Von Breda Ozim

Politik

Belgrad - Slobodan Milosevic mag bei den Wahlen vom Sonntag vielleicht seine aktuelle Macht verloren haben, sein Einfluss dürfte dadurch aber kaum geringer werden. Dass das Belgrader Regime einen Sieg des Präsidentschaftskandidaten der Serbischen Demokratischen Opposition (DOS), Vojislav Kostunica, in der ersten Runde ohne Wenn und Aber anerkennt, hält in Belgrad ohnehin kaum jemand für möglich.


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"Ich glaube, dass die Regierung versuchen wird, durch eine dosierte Korrektur der Wahlergebnisse in die Stichwahl zu kommen", glaubt beispielsweise der Soziologe Vladmir Goati in einer Analyse für das unabhängige Medienzentrum.

Wie auch immer sich die Dinge entwickeln, Milosevic wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Zukunft das Bundesparlament kontrollieren. Das hat er vor allem dem Wahlboykott der montenegrinischen Regierungsparteien zu verdanken, der lediglich der montenegrinischen Sozialistischen Volkspartei zu Gute kam. Parteiintern ist die bedingungslose Ergebenheit gegenüber Milosevic, wie sie der Parteichef und jugoslawische Ministerpräsident Momir Bulatovic bisher an den Tag legte, jedoch nicht unumstritten. Es zeigen sich sogar erste Spaltungstendenzen. Immerhin haben DOS-Politiker bereits signalisiert, dass sie einer Kooperation mit den montenegrinischen Sozialisten nicht abgeneigt seien.

Theoretisch könnte sich Milosevic dazu entscheiden, Kostunica das Amt des jugoslawischen Staatsoberhaupts zu überlassen, um sich selbst von der Parlamentsmehrheit zum jugoslawischen Ministerpräsidenten bestellen zu lassen. Das Amt birgt umfassende Befugnisse und zahlreiche Möglichkeiten, um einen allfälligen Präsidenten Kostunica an den Rand zu drängen. Ein erhebliches Manko hätte diese Variante für Milosevic aber doch: Die Kontrolle über die Armee würde er verlieren.

Es gibt aber eine Machtposition, die in den vergangenen Jahren sukzessive den Wünschen von Milosevic angepasst wurde: Das Amt des serbischen Präsidenten. Im kommenden Jahr sind in der größeren Teilrepublik Jugoslawiens Wahlen fällig. Der serbische Präsident ist verfassungsgemäß auch Befehlshaber der Streitkräfte. In seinen Händen liegt auch die Kontrolle über die Außenpolitik des Landes.

Was könnte die Bürger Serbiens aber dazu veranlassen, ihr Vertrauen 2001 erneut Milosevic zu schenken? Eine weitere dramatische Verschlechterung des Lebensstandards könnte den Sozialisten und der JUL-Partei beispielsweise reichlich Argumente für ihren Wahlkampf liefern. Die Verwaltung in mindestens 85 serbischen Gemeinden wird künftig in den Händen der Demokratischen Opposition (DOS) sein. Diese waren durch ein im Vorjahr erlassenes Kommunalverwaltungsgesetz aber praktisch entmachtet worden. Alle wichtigen Entscheidungen liegen bei der serbischen Regierung. Auch die staatlichen Betriebe werden ausnahmslos von den Funktionären der Regierungsparteien kontrolliert. Dadurch verlieren die Kommunalbehörden stark in ihrem Wirken gehindert werden.