EuGH-Gutachten: Österreichs Regelung ist illegal. | Verstoß gegen Grundsatz freier Preisfestsetzung. | Luxemburg/Brüssel. Besonders überraschend ist das Ergebnis nicht: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird wohl demnächst die 2006 in Österreich eingeführten Mindestpreise für Zigaretten verbieten. Denn diese widersprechen dem EU-Recht, erklärt EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Schlussantrag.
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Die EU-Kommission hatte Österreich geklagt (C-198/08), weil Mindestpreise gegen die EU-Richtlinie für Verbrauchssteuern auf Tabakwaren verstoßen. Die darin explizit festgelegte Freiheit der Produzenten, den Kleinverkaufspreis festzulegen, werde dadurch unzulässig beschränkt, findet auch Kokott. Das hatte Steuerkommissar Laszlo Kovacs der damaligen Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat bereits Anfang 2006 erklärt. Als Alternative hatte er Steuererhöhungen als geeignetes und legales Mittel zur Preiserhöhung angeboten.
Österreich hatte sich dadurch nicht beeindrucken lassen und den Mindestpreis ab 15. Mai 2006 auf 3,25 Euro pro Packung mit 20 Zigaretten festgelegt. Jedes Jahr sollte die vorgeschriebene Untergrenze entsprechend des Durchschnittpreises der meistverkauften Marken neu festgelegt werden.
Was ist besser für die Volksgesundheit?
Dadurch versprach sich das Gesundheitsministerium einen Rückgang der Verkaufszahlen und in der Folge positive Effekte auf die Volksgesundheit. Unter Berufung auf die WHO wurde damit argumentiert, dass der Mindestpreis eine wirksame Maßnahme sei, um das Rauchen einzuschränken. Eine Preiserhöhung um ein Prozent könne zur Abnahme des Konsums um 0,5 Prozent führen; besonders bei Jugendlichen sei dies effektiv.
Kokott beruft sich nun auf die bisherige Spruchpraxis des EuGH, der bereits einige Mindestpreisregelungen für Zigaretten gekippt hat. Die WHO-Empfehlung habe im Gegensatz zum EU-Recht keinen verbindlichen Charakter, betont sie. Auch für den Gesundheitsschutz seien Mindestpreise nicht notwendig, da dieselben Ziele durch eine erhöhte Besteuerung der Tabakwaren erzielt werden könne, die den Grundsatz der freien Preisfestsetzung unangetastet ließe.
Die Rechtsmeinung der Generalanwältin ist für die EuGH-Richter zwar nicht bindend, sie folgen ihr aber in vier von fünf Fällen. Im Gesundheitsministerium macht man sich kaum Illusionen - mit dem Fall der Mindestpreise nach dem Urteil wird gerechnet.