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Mindestsicherung-Beschwerde bei Höchstgericht eingebracht

Von Petra Tempfer

Recht
Nur etwa halb so viele arbeitssuchende Menschen mit Behinderung wie Menschen ohne nehmen an AMS-Schulungen teil.
© adobe.stock / shock

Das "VertretungsNetz" sieht bei der verringerten Mindestsicherung für Arbeitssuchende mit Behinderung den Gleichheitssatz verletzt.


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Frau M. hat eine integrative Lehre als Konditorin abgeschlossen. Sie ist intellektuell beeinträchtigt und hat eine gerichtliche Erwachsenenvertreterin des "VertretungsNetzes". Nach ihrer Lehre meldete sie sich beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitssuchend und belegte Trainings und Praktika. Zwischen diesen erhielt sie neben dem geringen Arbeitslosengeld einen aufstockenden Betrag aus der Mindestsicherung - allerdings um 25 Prozent verringert. Daher hat das "VertretungsNetz" nun eine Beschwerde gegen das Wiener Mindestsicherungsgesetz beim Verfassungsgerichtshof eingebracht.

Konkret geht es darum, dass in Wien seit 2018 die Mindestsicherung für junge, 18- bis 25-jährige Arbeitssuchende um 25 Prozent verringert ist, wenn diese weder in Schulung noch in Praktika oder Trainings sind. Das ist als Anreiz gedacht, sich beruflich zu integrieren respektive die Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Sie gilt jedoch uneingeschränkt auch für Menschen mit Behinderung. Das "VertretungsNetz" sieht damit den Gleichheitssatz verletzt, denn: Menschen mit Behinderung fänden am Arbeitsmarkt und auch, was die AMS-Schulungen betrifft, "nicht annähernd die gleichen Chancen vor", heißt es von diesem.

Geringeres Schulungsangebot

In der Verfassungsbeschwerde wurde folgendermaßen argumentiert: Während laut AMS-Daten im Mai des Vorjahres 22,3 Prozent der als arbeitssuchend Gemeldeten ohne gesundheitliche Einschränkungen an einer Schulung teilnahmen, waren es bei den Menschen mit Einschränkungen 12,4 Prozent -also nur etwa halb so viele. Vergleicht man diese Zahlen mit Oktober dieses Jahres, hat sich wenig verändert: 24 Prozent der Menschen ohne und 13 Prozent der Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen befanden sich den AMS-Daten zufolge in einer Schulung.

Hintergrund sei, dass man mit Inkrafttreten des Wiener Mindestsicherungsgesetzes 2018 ein erweitertes Angebot an AMS- Schulungen geplant hatte, sagt Frau M.s Erwachsenenvertreterin Martina Kargl zur "Wiener Zeitung". "Dann hat aber das Geld gefehlt."

Doch nicht nur Menschen mit Behinderung spüren nun die Folgen. Auch bei jenen mit schlechten Deutschkenntnissen "sind Lücken in den Schulungen aufgrund des beschränkten Angebotes vorprogrammiert", heißt es von der Diakonie. Damit wird auch bei diesen immer wieder die Mindestsicherung verringert.

Insgesamt waren im Oktober 126.580 in der Wiener Mindestsicherung, so die MA40 (Sozialamt) auf Nachfrage. 10.058 waren 18 bis 25 Jahre alt und 250 von diesen Bezieher eines Behindertenzuschlags. Wie viele eine verringerte Mindestsicherung erhalten, werde gerade evaluiert, heißt es.