Zum Hauptinhalt springen

Mini-Kraftwerk am Ärmel

Von Sylvia Pabst und Till Mundzeck

Wissen

Ein kleines Sonnenkraftwerk auf dem Ärmel versorgt Handy oder Laptop mit Strom. Am Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme arbeiten Forscher daran, solche Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. Sie entwickeln eine neue Generation von Solarzellen, die sowohl billiger als auch flexibler einsetzbar sein sollen. Beispielsweise in funktionaler Kleidung: "Es wäre auf diese Weise möglich, ein kleines tragbares Radio zu betreiben", so Projektleiter Andreas Hinsch.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Diese Solarzellen der Zukunft, an denen weltweit intensiv geforscht wird, sind so dünn und biegsam, dass sie sich etwa als Abziehfolie auch auf unebene Flächen schmiegen - oder sogar einmal wie eine Art Farbe aufgepinselt werden könnten. Sie lassen sich auch zum Tönen von Fensterscheiben verwenden, wodurch die Glasfassaden von Bürotürmen zu Elektrizitätswerken würden. Aber nicht nur neue Anwendungsmöglichkeiten sollen diese Dünnschicht-Solarzellen auf Basis von Spezialkunststoffen oder Farbstoffen eröffnen, sie werden auch die Produktionskosten senken und Solarstrom billiger machen.

"Zurzeit kostet eine Kilowattstunde Strom aus photovoltaischen Anlagen noch etwa 70 Cent", sagt Gerd Stadermann, Geschäftsführer des Forschungsverbunds Sonnenenergie (FVS) in Berlin, einem Zusammenschluss außeruniversitärer Forschungsinstitute. Das ist bei weitem nicht konkurrenzfähig: Die Kilowattstunde aus herkömmlichen Kraftwerken wird bisweilen für ein Zehntel davon gehandelt.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Silizium-Modulen sind sowohl die Materialien als auch die Produktion von so genannten organischen und auch Farbstoff-Solarzellen günstig. "Konservative Schätzungen erwarten eine Ersparnis von 30 bis 40 Prozent im Vergleich zu kristallinen Zellen", erläutert Ralf Haselhuhn, Berliner Photovoltaik-Experte der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie. Von der großtechnischen Herstellung sei man allerdings noch weit entfernt.

Geringer Wirkungsgrad

"Organische Solarzellen funktionieren anders als die gewöhnlichen Siliziumzellen", erklärt Hinsch. Sie bestehen aus elektrisch leitenden Spezialkunststoffen, die nicht so aufwendig verarbeitet werden müssen. Solche Minikraftwerke könnten möglicherweise einmal Batterien ersetzen.

Allerdings: "Noch beträgt der Wirkungsgrad dieser organischen Solarzellen nur drei Prozent", sagt Hinsch. Für Siliziumzellen liegt dieser Wert bei etwa 14 Prozent. Mit Nanotechnik wollen Forscher die Effizienz steigern. "Wir versuchen, den Lichteinfang durch das Aufprägen von Nanostrukturen zu erhöhen."

Farbstoff-Solarzellen nutzen einen Trick aus der Pflanzenwelt: "Hier wird Sonnenlicht mit Hilfe von Farbstoff ähnlich wie bei der Photosynthese in Energie umgewandelt", so Hinsch. Statt des Chlorophylls, das zu schnell zerfällt, haben sich Metallkomplexe wie Ruthenium- und Osmiumverbindungen durchgesetzt. Sie verleihen den Modulen eine rotbraune Farbe, die sich gut als Sonnenschutz eignet. Der derzeitige Wirkungsgrad von Farbstoffzellen liegt bei acht und soll auf zwölf Prozent gesteigert werden.

(Internet: Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme: http://www.ise.fhg.de; Forschungsverbund Sonnenenergie: http://www.fv-sonnenenergie.de/; Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie: http://www.dgs-solar.org/)

Größte Energiequelle

Übrigens: Insgesamt strahlt die Sonne weltweit im Schnitt etwa ein Kilowatt auf jeden Quadratmeter. Nach Angaben des Forschungsverbunds Sonnenenergie (FVS/Berlin) sprudelt aus den erneuerbaren Quellen mehr als 3.000 Mal so viel Energie, wie die Welt derzeit benötigt. Die Sonne liefert damit täglich den derzeitigen Weltenergiebedarf von acht Jahren. Allerdings ist von diesem Potenzial nur ein Bruchteil nutzbar. Selbst nach heutigem technischen Stand ließe sich der aktuelle Weltenergiebedarf aus erneuerbaren Quellen nach Angaben des FVS jedoch knapp sechs Mal decken.