Verkehrsminister Caspar Einem sprach am Mittwoch nachmittag beim Hotelierkongreß in Kitzbühel über den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Tourismus und Verkehr und legte auch europäische | Perspektiven zur künftigen Verkehrspolitik dar. Die Errichtung von Eisenbahnlinien und Straßen sei eine der Grundvoraussetzungen für den Fremdenverkehr, die Frage der Erreichbarkeit von Regionen nach | wie vor ausschlaggebend für den Erfolg eines Tourismusgebietes.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Mit der Wohlstandsentwicklung habe der Trend zugenommen, das Urlaubsgebiet mit dem eigenen Auto anzusteuern · was dazu geführt habe, daß "mittlerweile die Anziehungskraft des Urlaubszieles durch
die Anziehung zerstört wird", sagt Einem. Die Attraktivität der Orte, die Schönheit von Landschaft und Kulturgut leide durch den zunehmenden Autoverkehr, die Verkehrssituation sei "in ganz Europa
prekär".
Bei der Suche nach Lösungen sei man angewiesen auf technisch-wissenschaftliche Innovation, transnationale wie auch regionale Verkehrsvorhaben seien zu unterstützen. In dem Zusammenhang zeigte sich
Einem erfreut, daß es gelungen sei, mit dem 5. Rahmenprogramm für Forschungsförderung auf europäischer Ebene ein Gesamtvolumen von 207 Mrd. Schilling zu bewegen. Der EU gehe es vorrangig um
nachhaltige und umweltfreundliche Verkehrsbewältigung, das im vergangenen November initiierte EU-Projekt "Sanfte Mobilität im Tourismus" vereine Österreich, Deutschland und Italien zu einem
transnationalen Netzwerk für Tourismus, Verkehr und Umwelt.
Auch auf nationaler Ebene müßten die Anstrengungen in Richtung ökologischem Qualitätstourismus laufen, was etwa auch Ver- und Entsorgungsprojekte einschließe. Gerade Österreich sei als Transit- und
Fremdenverkehrsland besonders auf negative Umwelteffekte durch den Verkehr sensibilisiert. Prognosen zufolge werde der Gesamtverkehr bis ins Jahr 2015 um 44% anwachsen, der Freizeitverkehr dabei um
65%. Auf 1 km Berufsverkehr würden heute 2 km Freizeitverkehr entfallen, die Verkehrspolitik müsse ökologische und sozial verträgliche Regulierungsmaßnahmen setzen und Infrastruktur · Stichwort
"Schiene statt Verkehrslawine" · ausbauen. Dazu wünscht sich Einem auch eine Liberalisierung bei der Bahn, nur dann würde ein "Wettbewerb um Phantasie und Geschäft entstehen", der letztlich
Bahnreisen hinsichtlich Preis, Bequemlichkeit und Service attraktiver gestalten würde.
Ein Modellprojekt in den Regionen Werfenweng und Bad Hofgastein will bis 2005 durch Alternativangebote autofreie Ferien forcieren: Dazu gehöre die Entwicklung eines Reiseinformationssystems zur
Planung ebenso wie die Einrichtung von "Mobilitätszentralen", die Beratung und Buchung bieten, ein Transportservice zur Bahn und die Entwicklung von car-sharing-Modellen oder die Bereitstellung von
Elektroautos zur Gewährleistung der unabhängigen Mobilität der Urlaubsgäste am Zielort.
"Wenn das Angebot stimmt", ist Einem überzeugt, "dann werden die Reisenden gerne auf anstrengende Autofahrten im Stau verzichten". Als erfolgreiches Beispiel nennt er die Schweiz. Dort habe sich
erwiesen, daß umweltfreundliche Mobilitätskonzepte gerne angenommen würden und sich als erfreulicher Nebeneffekt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste erhöht habe.
Auch für den Tourismus von Bedeutung sei Österreichs Haltung zu den Nacht- und Wochenendfahrverboten für Lkw, "die wir zugunsten der Verkehrssicherheit und der Anrainer noch halten können" in einem
Umfeld, in dem eine bessere Nutzbarkeit der Straßen für Lkw von der EU-Kommission angepeilt werde. Auch Deutschland, Frankreich und Luxemburg würden die österreichische Position in dieser Frage
teilen, es gebe innerhalb der EU aber auch massive Stimmen · etwa aus Holland · für eine drastische Verkürzung der Fahrverbote. Wiederum brach Einem eine Lanze für ein flächendeckendes Road-pricing
für Lkw, mit einer fahrleistungsabhängigen Abgabe könnte auch ein Anreiz für mehr umweltorientierte Transporte · Stichwort Vermeidung von Leerfahrten, etc. · gesetzt werden.
Alles in allem, sagt der Verkehrsminister, sei national wie international "ein Umdenkprozeß in der Verkehrspolitik erforderlich", die Öffnung zur internationalen Nutzung der Schienensysteme wie auch
die Schaffung der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen inklusive Regulierungsbehörde · a la Telekom Control im Telekommunikationsbereich · zur nachhaltigen Lösung der Verkehrsprobleme
notwendig.