Die Aufsichtsbehörde setzt den nächsten Schritt nach Rechtsverletzungen bei Postenbesetzungen.
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Zwei Monate nach dem Paukenschlag durch den Verwaltungsgerichtshof bei der Bestellung von Spitzenposten in der Sozialversicherung wird jetzt Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) als Aufsichtsorgan aktiv. Wie das Büro des Ministers der "Wiener Zeitung" erklärte, wird Rauch nun Gespräche mit Vertretern der Sozialversicherung führen, die demnächst bevorstehen. Das Höchstgericht hat in einem Urteil festgestellt, dass bei Postenbesetzungen im Dachverband nach der Reform der Sozialversicherungen durch die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung rechtswidrig erfolgt sind.
Damit kommt es jetzt zu der mit einiger Spannung erwarteten Frage, wie das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs reagieren wird. Der Posten des im Frühsommer 2019 unter diesen inzwischen vom Höchstgericht als rechtswidrig eingestuften Umständen eingesetzten Martin Brunninger musste neu ausgeschrieben werden. Brunninger ist wegen des Verdachts von Dienstrechtsverletzungen suspendiert worden, er hat seinerseits selbst gekündigt. Vorerst führt sein Stellvertreter Alexander Burz in der Büroleitung die Geschäfte, obwohl auch seine Bestellung unter den vom Höchstgericht als rechtswidrig angeprangerten Voraussetzungen erfolgt ist.
Die rote Arbeitnehmervertretung sah mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs drei Jahre nach der Neubestellung der Posten ihre Kritik an der Sozialversicherungsreform und an den Postenvergaben bestätigt. Die ÖVP-FPÖ-Regierung hat 2018 die Zusammenlegung von 21 auf fünf Sozialversicherungsträger trotz heftiger Proteste von SPÖ und Gewerkschaftsbund durchgezogen. Vor allem wurden dabei die SPÖ-Arbeitnehmervertreter in den damaligen neun Gebietskrankenkassen, die ab 2020 zur Österreichischen Gesundheitskasse fusioniert wurden, in ihrem Einfluss beschnitten.
Krankenfürsorgeanstalten nicht angetastet
Auffallend war außerdem, dass die neben den fünf Sozialversicherungsanstalten weiter bestehenden mehr als ein Dutzend sogenannten Krankenfürsorgeanstalten (KFA) mit teils besonders günstigen Sonderrechten etwa für Wiener Gemeindebeamte, aber auch für Landes- und Gemeindebedienstete in Oberösterreich, überhaupt nicht angetastet wurden. Inzwischen hat der Rechnungshof in einem Rohbericht außerdem festgestellt, dass die von Türkis-Blau unter Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Versicherten versprochene "Patientenmilliarde" als Folge der Zusammenlegung in keiner Weise lukriert werden konnte und es bisher sogar Mehrkosten gibt.
Insofern kommt jetzt dem weiteren Vorgehen des Sozialministeriums bei den vom Verwaltungsgerichtshof angeprangerten Rechtsverletzungen entscheidende Bedeutung zu. In dem Urteil wird unter anderem festgehalten, dass die Einladungen zu den entscheidenden Sitzungen an rote Arbeitnehmervertreter nicht rechtzeitig erfolgt sind. Außerdem sind den SPÖ-Gewerkschaftern wichtige Unterlagen nicht rechtzeitig übermittelt worden, um sich entsprechend auf die Postenvergabe vorbereiten zu können. An der Spitze stand damals FPÖ-Wirtschaftsvertreter Matthias Krenn, der weiterhin im Amt ist.
Neuer Büroleiter muss gesucht werden
Bezüglich der weiteren Vorgangsweise lässt sich das Sozialministerium nicht in die Karten schauen. Die Prüfung des Sachverhalts aus dem Höchstgerichtsurteil sei durch die Juristen des Ministeriums "abgeschlossen", teilte das Büro von Minister Rauch mit. Inhaltlich wollte man nicht näher darauf eingehen. Zu den Gesprächen mit den Spitzenvertretern der Sozialversicherungen hieß es lediglich: "Dabei ist auch zu besprechen, dass jedenfalls die Stelle des ehemaligen Büroleiters Martin Brunninger nachzubesetzen ist."
Rote Sozialversicherungsvertreter wie die Gewerkschafterin Ingrid Reischl und ihr Kollege Andreas Huss hatten das Urteil im Juli als Bestätigung gesehen, wie sehr die Postenvergabe unter türkis-blauem Einfluss zu einem "Kasperltheater" geworden sei. Gleichzeitig sind sie besorgt, dass deswegen das Image der Kassen bei den Versicherten und Patienten leidet. Bei den fünf noch bestehenden Sozialversicherungsträgern handelt es sich um die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), der fusionierten Anstalt für Beamte und Eisenbahner (BVAEB), der zusammengelegten Anstalt für Selbstständige und Bauern (SVS), die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).