Fachtagung über Werbe-Sexismus. | Experten halten Strafen für sinnvoll. | Norwegen und Island als Vorbilder? | Wien. Nahezu jeder größere Konzern setzt bei der Bewerbung von Produkten auf attraktive Frauen. Und während in Österreich die meisten Sujets, die mit nackten Tatsachen aufwarten, nicht verboten sind und kaum auf hörbaren Widerspruch stoßen, steht in vielen anderen Ländern die "Herabsetzung der Frau zum sexualisierten Produkt" unter Strafe.
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Welchen Weg Österreich in der Bekämpfung von "Sexismus in der Werbung" einschlagen könnte, darüber wurde am Montag im Rahmen einer Fachtagung im Bundeskanzleramt diskutiert.
So ist etwa Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ein Dorn im Auge, dass hierzulande Unternehmen spärlich bekleidete Frauen sanktionslos für die Bewerbung von Produkten "missbrauchen" können. "Es handelt sich dabei um ein Spiel der eindeutigen Zweideutigkeit", sagte sie bei ihrer Eröffnungsrede und forderte die Wirtschaft auf, bei der Bewerbung von Produkten zukünftig auf herabwürdigende Sujets zu verzichten. Zuletzt hatte in Österreich die Bierbrauerei "Hirter" aus Kärnten mit einem anzüglichen Plakat für Aufregung gesorgt. "Die ästhetisierte nackte Frau, die mit dem Produkt posiert, macht nicht nur das Produkt begehrenswert, sondern auch sich selbst zum Produkt", kritisierte damals die Grazer "Watchgroup gegen sexistische Werbung".
42.000 Euro Strafe
"Hirterbier" war sich keiner Schuld bewusst: Man habe damit nur die "Reinheit und Ursprünglichkeit" symbolisch darstellen wollen, hieß es in einer Stellungnahme des Konzerns. "Die Brauerei distanziert sich von der Unterstellung, Frauen als Konsumgut oder als Sexobjekte darzustellen." Noch im Rahmen einer weiteren Plakatwelle versuchte dann "Hirter" die Sache wieder geradezubiegen - und bildete keine nackten Frauen, sondern bekleidete Männer ab.
Hätte die Firma das Frauen-Sujet in Norwegen oder Island, wo "Sexismus in der Werbung" seit kurzem auch strafrechtlich verfolgt wird, in den Medien inseriert, so wäre wohl eine saftige Geldstrafe fällig gewesen. "Bei uns kann man dafür sogar ins Gefängnis kommen", erklärte die Leiterin des "Nordischen Gender-Instituts" in Oslo, Mona Larsen-Asp. Dazu gekommen sei es freilich noch nie. Zuletzt habe aber ein norwegisches Unternehmen rund 42.000 Euro Strafe zahlen müssen, sagte sie. Angezeigt werden können sexistische Werbesujets in Norwegen bei einer Konsumentenombudsstelle. 2008 wurden vier und 2009 bereits neun Anzeigen behandelt, so Larsen-Asp.
Einer weitaus strengeren Strafverfolgung sehen sich hingegen Unternehmen in Island ausgesetzt. So wurde der Insel erst vor wenigen Tagen vom World Economic Forum bestätigt, in der Frage der "Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern" den ersten Platz weltweit erreicht zu haben. Das liegt auch an der restriktiven Rechtsordnung: So ist in Island nicht nur sexistische Werbung und die Prostitution, sondern auch das Strippen verboten, wie Ingibjörg Eliasdottir vom Zentrum für Gleichbehandlung in Akureyri erklärte. Als besonders problematisch bezeichnete die Vortragende die Werbesujets von Clubs und Nachtlokalen, wo eine meistens männliche Klientel von spärlich bekleideten Mädchen umworben werde. Von "schmutzigen Mädchen und Tänzerinnen in Käfigen" sei die Rede gewesen, klagte sie. Auch gegen Plakate mit Bikini-Frauen in eindeutigen Posen sei man schon zu Felde gezogen.
Heinisch-Hosek prüft
Dass Gesetze allein solche sexistischen Inhalte nie aus der Werbeindustrie verbannen werden können, dessen ist sich auch Eliasdottir bewusst. Immerhin sei es aber gelungen, die Konzerne und die Konsumenten zu sensibilisieren. Nachholbedarf sieht sie indes noch bei der Polizei. Diese würde Sexismus-Anzeigen leider nicht immer ernst nehmen, so die Isländerin.
Um die Zunahme sexistischer Werbeinhalte in Zukunft auch Österreich zu verhindern, schlug Frauenministerin Heinisch-Hosek wiederum vor, die Kompetenzen des österreichischen Werberates zu stärken, um so die Werbeindustrie besser zu zügeln. Ob sie für die Einführung eines Anti-Sexismus-Gesetzes ist? "Dazu wird es noch Gespräche geben", so die Ministerin. "Zunächst wollen wir aber den Druck auf die Wirtschaft erhöhen."