Helsinki. Nach erheblichen Irritationen zwischen Deutschland und Polen hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in Helsinki mit Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski getroffen. Dabei kündigte Kaczynski für den 30. Oktober seinen Antrittsbesuch in Deutschland an, wie eine deutsche Regierungssprecherin sagte. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte, die Unstimmigkeiten zwischen beiden Ländern dürften nicht zu "Spannungen" werden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Für Unruhe in Deutschland hatten zuletzt angebliche Pläne der Regierungskoalition in Warschau gesorgt, die Rechte der deutschen Minderheit in Polen einzuschränken. Dem Vorschlag der Partei "Liga Polnischer Familien", den Einzug deutscher Vertreter ins Parlament ohne Fünf-Prozent-Hürde abzuschaffen, habe sich Kaczynski angeschlossen, meldete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Es sei an der Zeit, "sehr ernstlich darüber nachzudenken", zitiert die Zeitung den polnischen Ministerpräsidenten.
Kaczynski bezeichnete solche Berichte als "Missverständnisse", die bei seinem Besuch in Berlin weiter aufgeklärt werden sollen. "Frau Merkel hat nun verstanden, dass das kompletter Unsinn aus der Presse war." Er selbst wisse nun, dass "Frau Merkel zu einem Viertel polnisch ist". Die Bundeskanzlerin habe ihm von polnischen Vorfahren berichtet. "Es war ein generell sehr angenehmes Treffen." Eine deutsche Regierungssprecherin bestätigte, Kaczynski habe Berichte zurückgewiesen, wonach seine Regierung die Schutzrechte für die deutsche Minderheit in Polen einschränken könnte. Merkel habe betont: "Deutschland und Polen haben zum Ausdruck gebracht, dass sie die gute Partnerschaft weiter pflegen wollen."
Zu diesem Zweck hat Außenminister Steinmeier nach eigenen Angaben mit seiner Amtskollegin Anna Fotyga abgesprochen, "eine Brücke der Verständigung zu installieren". Er wolle mit ihr "persönlich im Gespräch bleiben", um die guten Beziehungen der jüngeren Zeit wieder herzustellen, sagte der Außenminister im rbb-Inforadio. Ob das gelinge, hänge allerdings nicht nur von der deutschen Seite ab. "Ich jedenfalls will meinen Beitrag dazu leisten", fügte Steinmeier nach Angaben des Senders hinzu.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, forderte Kaczynski auf, die deutschen Minderheitenrechte zu schützen. Diese gingen auf den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 zurück, seien aber auch durch den EU-Grundrechtsschutz gewährleistet. "Wer den inzwischen erreichten Standard des europäischen Minderheitenschutzes in Frage stellt, der stellt damit auch seine Europatauglichkeit in Frage", meinte Koschyk.