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Ministers Sorge um die Mitgift

Von Oliver Junker

Wirtschaft

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Wenn Frankreichs Banken heiraten, sollte die Mitgift tunlichst im Lande bleiben. Das wünscht der Finanzminister in Paris, und seit dem Beginn des Übernahmekampfes der drei französischen Großbanken

Banque Nationale de Paris, Societe Generale und Paribas im März hat Dominique Strauss-Kahn hinter den Kulissen auch alles daran gesetzt, einen ausländischen Partner zu verhindern und "ja französisch

zu heiraten". Am Ende der Börsenschlacht steht die Societe Generale jetzt aber isoliert da und muss befürchten, von europäischen Konkurrenten geschluckt zu werden.

Erstmals schrillten die Alarmglocken am 1. Februar, als SG und Paribas ihr Fusionsvorhaben verkündeten. Noch am selben Tag bot Strauss-Kahn BNP-Chef Michel Peberau zum Ausgleich ein Zusammengehen mit

dem Credit Lyonnais an, was Peberau aber nicht genug war. Statt dessen landete er einen Coup, den ihm kaum jemand zugetraut hätte: Am 9. März erging das Übernahmeangebot der BNP an SG und

Paribas für eine Dreierfusion. Eine feindliche Übernahme konkurrierender Großbanken in Europa hatte es noch nicht gegeben.

Peberau verknüpfte mit seinem Vorstoß den Traum vom größten Bankhaus der Welt, das Frankreich im internationalen Wettbewerb ganz vorne plazieren sollte. Es war der Startschuss für einen fünfmonatigen

Übernahmekampf, in dem sich vor allem Peberau und SG-Chef Daniel Bouton mit juristischen Attacken, Taschenspielertricks und feindseligen Zeitungsannoncen bekriegten.

Besorgt verfolgte die Regierung, wie sich die Banken gegenseitig schwächten und an der Pariser Börse teilweise dramatische Kursstürze hinnehmen mussten. Nicht die größte Bank der Welt bahnte sich an,

sondern eine Übernahme aus dem Ausland. Anfang Mai griff Strauss-Kahn erneut zum Hörer und bat die Bankenchefs eindringlich, sich erst im eigenen Land zu konsolidieren und danach ein

Zusammengehen mit ausländischen Partnern in Erwägung zu ziehen. Ende Juni startete Notenbankchef Jean-Claude Trichet, der immer wieder vermittelt hatte, einen letzten Versuch. Sieben Tage lang

verhandelte er mit den drei Bankenchefs um eine einvernehmliche Lösung · vergeblich.

Per Aktientausch verschaffte sich die BNP nun einen Mehrheitsanteil von 65,1% des Kapitals an der Paribas und einen Anteil von 36,8% an der SG. Das letzte Wort hat heute, Dienstag, die Bankenaufsicht

unter Leitung Trichets. Sie könnte den BNP-Anteil an der SG als Sperrminorität einstufen und dessen Erwerb verbieten. Dann bliebe die SG zwar unabhängig, wäre aber leichte Beute etwa für die

spanische Großbank BSCH, die schon während der Börsenschlacht sondierte. Der Regierung wird nachgesagt, sie habe insgeheim schon immer das BNP-Projekt unterstützt, nicht zuletzt wegen der Aussicht

auf eine französische Großbank von Weltrang. Für die wäre der Weg frei, wenn die Bankenaufischt den BNP-Anteil an der SG als "groß genug für eine effiziente Kontrolle" einstufte. Die Dreierfusion zur

SBP brächte ein Institut mit 130.000 Angestellten und einer Bilanzsumme von rund 840 Mrd. Euro.