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Wann lernt der Westen endlich von seinen Fehlern? | Frankreichs Militäreinsatz in Mali ist ernsthaft zu hinterfragen.
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Diesmal war der Schauplatz zwar kein Flugzeugträger, sondern eine historische Wüstenstadt, aber sonst gleichen einander die Szenarien ziemlich. Wieder bejubelte ein westlicher Staatschef den Erfolg seiner Soldaten über einen heillos unterlegenen Gegner. Und wieder einmal werden Motive für diese Intervention in den Vordergrund gestellt, die andere - zumindest ebenso wichtige - verschleiern. Zudem besteht die Möglichkeit, dass der Jubel verfrüht ist und von einer Lösung der Probleme, für die man einen Krieg losgetreten hat, noch lange keine Rede sein kann. So kann man zum Beispiel - genau zehn Jahre nach der Show von George W. Bush - wirklich nicht von einer befriedigenden Verbesserung der Situation im Irak sprechen, ganz zu schweigen von Afghanistan. Offensichtlich verstehen sich westliche Mächte wie die USA und nun Frankreich weitaus besser darauf, Kriege zu beginnen, als diese zu beenden, geschweige denn die tatsächlichen Probleme zu lösen.
Jetzt sind wir wieder einmal mit einer aktuellen Krise konfrontiert, und es scheint alles wieder den gewohnten Lauf zu nehmen. So verständlich es auch sein mag, dass man einem verbrecherischen Terrorismus entgegentritt, so sollte man sich doch mit den realen Gegebenheiten genauer befassen und die eigenen Interessen klar auf den Tisch legen, statt sich hinter mehr oder minder hohlen Phrasen zu verschanzen. So wie es den USA in Afghanistan und im Irak kaum um die Herstellung von Recht und Ordnung ging - zumindest sprechen die Ergebnisse bei weitem nicht dafür -, so ist auch das Engagement Frankreichs in seinen ehemaligen Kolonien ernsthaft zu hinterfragen. Und zwar sowohl hinsichtlich seiner Motive als auch der Erfolgsaussichten, die behaupteten Ziele auch tatsächlich erreichen zu können. So werden beispielsweise in europäischen Medien kaum die vehementen französischen Wirtschaftsinteressen in der Sahelzone erwähnt. Mehr als ein Drittel des für den Betrieb der französischen Atomkraftwerke benötigten Urans kommt aus Niger. Erst vor kurzem wurde bekannt, dass französische Eliteeinheiten zum Schutz der vom französischen Staatsunternehmen Areva in Niger betriebenen Uranminen abkommandiert werden sollen. Diesmal geht es also nicht um Öl und Gas, sondern um Uran. Und in Niger, Algerien, Libyen und Mali liegt ein beträchtlicher Teil der globalen Uranvorkommen. Der damalige Präsident Nicolas Sarkozy definierte bereits 2008 die Sahelzone als für die nationale Sicherheit Frankreichs besonders wichtig. Dass die Auswirkungen des Uranabbaues in Niger bereits zu gravierenden Umwelt- und Gesundheitsproblemen geführt haben, soll bei dieser Gelegenheit nicht unerwähnt bleiben.
Wenn also "Sicherheitsexperten" (wie Friedrich Korkisch in seinem Gastkommentar vom 29. Jänner) die mangelnde Unterstützung des französischen Mali-Abenteuers durch Europa kritisieren, so stellt dies leider ein neuerliches Beispiel für die eingeschränkte und kurzsichtige Betrachtungsweise dar, die einer Branche, die weltweit über Leben und Tod entscheidet, immanent zu sein scheint.