Zum Hauptinhalt springen

"Mission der Grünen: 15 Prozent"

Von Ina Weber

Politik
Politologe Filzmaier. Foto: ots

Politologe Filzmaier über die Zukunft der Öko-Partei. | Ziel: "Zünglein an der Waage". | Wien. Bei ihrer Bundestagung am Wochenende werden die Grünen ihre weiteren strategiepolitischen Ziele feststecken. Sie wollen als Oppositionspartei Nummer eins eine wichtige Rolle in den nächsten vier Jahren spielen und der Regierung in Sachen Umwelt verstärkt Druck machen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Doch machtpolitisch sind die Grünen laut Politologe Peter Filzmaier in einer ganz schlechten Position. Immerhin stellen SPÖ und ÖVP im Parlament eine Zweidrittel-Mehrheit - also auch bei Verfassungsgesetzen wird die Ökopartei keine Mitentscheidungen treffen können. Dennoch könnten die Grünen von der jetzigen Situation profitieren, sagte Filzmaier zur "Wiener Zeitung" - weniger machtpolitisch als kommunikationspolitisch.

Ihr Ursprungsthema, die Umwelt, biete den Grünen derzeit viel Angriffsfläche und Pluspunkte gegenüber der großen Koalition. Auch könnten FPÖ und BZÖ hier kaum mitspielen. Dennoch sei das Thema Umwelt "gefährlich". "Das ist momentan heiß diskutiert, in ein paar Monaten kann das schon wieder ganz anders sein und dann bricht den Grünen ihr Thema wieder weg", so Filzmaier.

"Grünen-Protest

allein genügt nicht"

Die Öko-Partei kann aber nach Meinung des Politologen Profiteur der nächsten vier Jahre sein, und zwar durch "Eigenleistung" und weniger als "Kriegsgewinnler". Denn Protest allein wird in den nächsten Jahren zu wenig sein. Da könnte die FPÖ mehr profitieren.

Das Entscheidende sei, dass die Grünen neben dem Umweltthema in zusätzlichen zwei bis drei Themen die Themenführerschaft anstreben, etwa im Sozialbereich. "Das sehe ich momentan noch nicht", sagte Filzmaier. Die Kleinpartei habe nach wie vor das Problem, dass die Schere zwischen Sympathie und Wahlverhalten extrem auseinanderklafft. Das habe die Nationalratswahl 2006 auch wieder gezeigt, wo die Grünen nur knapp auf den dritten Platz gelandet sind. "Viele finden die Grünen sympathisch, doch wählen tun sie sie deshalb noch lange nicht. Die Meinung ist nicht selten, dass die Grünen bei Wirtschaft bis Bildung ganz vernünftig sind, doch wenn mir Wirtschaft wichtig ist, wähle ich die ÖVP, und wenn mir Bildung wichtig ist, die SPÖ."

Aber die großen Themen seien für Kleinparteien natürlich schwierig zu besetzen, räumte der Politologe ein. Mit den neuen Ministern sei dies etwa in Sachen Bildung auch nicht mehr so leicht, wie das bei Ex-Ministerin Elisabeth Gehrer der Fall gewesen war. Auch ist laut Filzmaier die SPÖ im Sozialbereich mit Minister Buchinger gut aufgestellt. "Doch die Zeit könnte für die Grünen arbeiten", sagte Filzmaier.

"Grünen-Chef braucht Ecken und Kanten"

Die Grünen bräuchten eine Imageergänzung. Bei Grünen-Chef Alexander Van der Bellen wären das "mehr Schärfe, Ecken und Kanten", so Filzmaier. "Er könnte ruhig ein bisschen mehr polarisieren." Ob man jemanden nicht wählt, weil man ihn nicht mag oder ob man ihn mag und ihn trotzdem nicht wählt, sei letztlich egal. Potential ortete er bei den über 50-Jährigen und bei den Pensionisten. "Bei den Älteren erreichen sie nur zwei, bei den Pensionisten nur ein Prozent."

Die große Koalition werde den Grünen zugute kommen. Ein Problem gebe es, wenn neue Parteien auftreten, ist Filzmaier überzeugt. "Dass SPÖ und ÖVP bei den nächsten Wahlen dramatisch dazugewinnen werden, ist eher unwahrscheinlich." Die Mission der Grünen laute daher: 15 Prozent zu erreichen und damit zum "Zünglein an der Waage" zu werden und sowohl mit SPÖ als auch mit ÖVP mehrheitsfähig zu sein.