OECD: Investoren könnten Vertrauen in US-Staatsfinanzen verlieren. | USA benötigen längerfristig höhere Steuereinnahmen. | Washington/Wien. Der Optimismus der US-Amerikaner wird auf eine harte Probe gestellt: Die Industriestaaten-Organisation OECD sieht die Vereinigten Staaten vor mehreren monumentalen Herausforderungen. Zwar sei die Gefahr eines Rückfalls in die Rezession gering. Die Erholung wird aber viel langsamer vonstatten gehen als nach früheren Krisen. | Analyse: Neues Krisenvokabular
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Die Arbeitslosigkeit, für Präsident Barack Obama vor den Halbzeitwahlen am 2. November die Hauptsorge, wird somit noch länger auf Höchstständen verharren: Die USA sind mit Langzeitarbeitslosigkeit bisher unbekannten Ausmaßes konfrontiert. Die OECD schätzt, dass es im besten Fall bis 2013 dauert, bis die Arbeitslosenrate auf Vorkrisen-Niveau zurückkehrt.
Ein drückendes Problem bleibt der Immobiliensektor, wo die Krise 2007 ihren Ausgang nahm: Wegen der stark gefallenen Hauspreise sind 11,2 Millionen oder 24 Prozent aller Eigenheimbesitzer überschuldet: Die Kredite übersteigen den Immobilienwert. Das belastet nicht nur den privaten Konsum, sondern zugleich den Bausektor und die Finanzindustrie, die weitere Kredite abschreiben muss.
Zinsentscheid der Fed
All das lässt Schlimmes für die Konjunktur befürchten. Noch dazu fordert die OECD die US-Notenbank Fed auf, allmählich über den Ausstieg aus dem Krisenmodus und der Politik des billigen Geldes nachzudenken - andernfalls entstünden neue Risiken. Eine straffere Geldpolitik würde aber den zarten Aufschwung abwürgen. Die Fed dürfte deshalb heute, Dienstag, das Rekordtief ihres Leitzinses beibehalten und vorerst keine Änderungen an ihrer Stützungspolitik ankündigen.
Minimale Fortschritte gibt es - krisenbedingt - bei den seit Jahrzehnten aufgestauten Ungleichgewichten: Die USA hatten zuviel schuldenfinanziert konsumiert (und importiert) und zu wenig exportiert. In der Krise ist zumindest die Sparquote der Haushalte von 2 Prozent des verfügbaren Einkommens (2007) auf 6 Prozent (2009) gestiegen. Im Gegenzug ist das Zahlungsbilanz-Defizit von 6 Prozent der Wirtschaftsleistung (2006) auf 2,7 Prozent (2009) gesunken. Der langfristige Umbau der US-Wirtschaft in Richtung Investitionen und Ausfuhren hat aber bestenfalls begonnen.
Belastet wird die Erholung überdies von den überbordenden Staatsschulden. Die OECD warnt, dass die Käufer von US-Staatsanleihen Zweifel an der Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen bekommen könnten - auch wenn sich dieser Vertrauensverlust derzeit nicht abzeichne. Die Obama-Administration habe zwar angekündigt, das Budgetdefizit von heuer 10,5 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2015 auf 3 Prozent zu senken. Damit würde die Schuldenquote stabilisiert - allerdings auf dem Doppelten des Vorkrisen-Niveaus. Der Spielraum, um die Kosten der alternden Bevölkerung und die Gesundheitsreform zu finanzieren, werde schmäler - und es gibt weniger Optionen zur Bekämpfung künftiger Krisen.
Langfristig müssten die USA ihre Steuerbasis verbreitern, so die OECD: Das heißt, Steuern müssen erhöht oder Steuerbefreiungen gestrichen werden.