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Wien. Ein Bericht der europäischen Grundrechteagentur (FRA) beleuchtet die Schicksale von Kindern, die vor bewaffneten Konflikten geflüchtet sind. Dabei zeigt die Behörde auch Missstände in Österreich auf. So seien etwa Aufnahmezentren überfüllt, und es komme mitunter zu Gewalt- und Vandalenakten.
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Auch finden sich Berichte der Betroffenen, wie sie von österreichischen Beamten angeschrien wurden. "Wenn das Leben in Österreich so ist wie hier im Flüchtlings-Erstaufnahme-Zentrum, ist es besser, sie (meine Familienmitglieder) kommen nicht", so ein befragter Bub in Österreich.
Für den Bericht "Unbegleitete, asylsuchende Kinder in EU-Mitgliedsländern. Vergleichender Bericht" (November 2010) hat die EU-Grundrechteagentur 336 Flüchtlingskinder und Jugendliche in zwölf EU-Ländern - darunter Österreich - befragt, die ohne Begleitung von Verwandten oder anderen Erwachsenen nach Europa gekommen sind, sowie 302 Erwachsene, die diese Kinder betreuten. Die befragten Kinder und Jugendlichen kamen vorwiegend aus Afghanistan, Somalia, Marokko und dem Irak.
Unangenehme Erfahrung
Die Befragungen nach ihrer Ankunft in Europa durch die Behörden waren für die befragten Kinder ausnahmslos eine unangenehme Erfahrung. Besonders in Österreich und Belgien wurden sie von den Betroffenen mitunter wie ein langes "Verhör" mit immer wieder den selben Fragen erlebt. Die Ausbildung der die Befragungen durchführenden Beamten wurde von den in dem FRA-Bericht befragten Erwachsenen kritisch betrachtet.
"Der Polizist hat gesagt: Mein Kind ist 15 und versteht alles. (...) Du bist 15 und verstehst überhaupt nichts. Wie gibt's das?", schildert ein 15-jähriges nach Österreich geflüchtetes Mädchen. "Meine erste Befragung war schrecklich (...) die Frau schrie mich an, ich war damals 13, es war so beängstigend (...), die anderen Befragungen waren ok", so ein 16-Jähriger in Österreich.
Auch die Fragen der Behörden etwa über erfahrende Misshandlungen der Kinder sahen die Erwachsenen in dem FRA-Bericht kritisch. "Ein Polizist hat mich angeschrien: 'Wieso sprichst du nicht mit uns?' Sie wollten, dass ich erzähle, wie mein Vater ermordet wurde", schildert ein 15-jähriges Mädchen in Österreich.
Hilfe nötig
In großen Aufnahmezentren in Österreich dauere es lange, bis im Bedarfsfall ein Arzt komme, schilderten Befragte und klagten auch über die Behandlung. Auch stellten die Befragten die Notwendigkeit fest, dass sie mehr Hilfestellung bei ihren Arztbesuchen bedürften. Im Allgemeinen waren in Österreich die meisten befragten Kinder aber zufrieden mit ihrer medizinischen Betreuung.
Auch ihre schulische Ausbildung wussten viele Kinder zu schätzen. Ein 16-Jähriger meint in dem FRA-Bericht: "Die Schule macht Spaß, wenn es mir gut geht; manchmal wenn ich an mein Asylverfahren denke, dann kann ich mich nicht mehr konzentrieren und ich fühle mich schlecht."
Schlechte Deutschkurse
Befragte beklagen, dass der Deutschunterricht im Flüchtlings-Erstaufnahme-Zentrum Traiskirchen nicht ausreichend sei, weder im zeitlichen Umfang noch die Qualität betreffend. Zufriedener waren sie dagegen mit dem ergänzenden Sprachhilfen, die sie in der Schule erhielten. Im Zentrum in Traiskirchen gebe es zudem nur ein geringes Angebot an Freizeitaktivitäten.
Auch Diskriminierungen aufgrund ihrer Herkunft erfuhren die Befragten: "Dreimal bin ich zur Disco gegangen, um alles zu vergessen und nur Musik zu hören und zu tanzen. Aber sie haben nur mich nicht hineingelassen. Ich bin mir vorgekommen als wäre ich gar kein Mensch", so ein 16-Jähriger in Österreich.
Auch gab es unter den befragten Jugendlichen Unsicherheiten über die ihre Rechtslage, wenn sie 18 Jahre alt werden: "Ich habe gehört, wenn ich 18 werde, dann senden sie mich zur Caritas wie einen Hund", sagte ein 17-jähriger nach Österreich geflüchteter junger Mann in dem FRA-Bericht. (APA)LinkBericht der europäischen Grundrechteagentur (PDF)