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Missstände im "Titel"-Markt der Eitelkeiten

Von Katharina Braun

Recht
Katharina Braun ist eine selbständige Wiener Rechtsanwältin und auf Familien- und Medienrecht spezialisiert. Sie war viele Jahre als Fernsehredakteurin für den ORF tätig.
© Doris Mitterer

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Fall der Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher zeigt Missstände im akademischen "Titel"-Markt  der Eitelkeiten auf. Insgesamt gibt es in Österreich 21 Fachhochschulen. Im Wintersemester 2019/2029 waren in Österreich 55.200 Studenten an 483 Fachhochschulstudiengängen verzeichnet. In Kooperation mit den Fachhochschulen bieten zudem auch etliche Drittanbieter  Studienprogramme an.  Die Kosten für diese Programme liegen oft bei an die 13.000 Euro und aufwärts.

Jede Fachhochschule ist gesetzlich verpflichtet, ein Qualitätsmanagement zu etablieren. Sowohl die Akkreditierung von Fachhochstudiengängen, als auch die Zertifizierung des Qualitätsmanagement erfolgt durch  die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (Austria Agency for Quality Assurance and Accrediation, kurz AQ). 2012 nahm diese Agentur ihre Tätigkeit auf.

https://www.aq.ac.at/de/akkreditierung/fachhochschulen/downloads.php

Geregelt sind die Akkreditierung und die Qualitätssicherung der Hochschulen im Hochschul- Qualitätssicherungsgesetz.

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007384

Das sogenannte "Board" der AQA (bestehend aus 14 Mitgliedern, hiervon acht Experten,  zwei Mitglieder aus dem Kreis der Studenten sowie vier Mitglieder aus der Berufspraxis) entscheidet über die Akkreditierung der Studiengänge, aber auch über die Zertifizierung des Qualitätsmanagements. Es fasst Beschlüsse über die Abläufe der Qualitätssicherung, und es ist auch dessen Aufgabe, für die Veröffentlichung der Ergebnisse des Qualitätssicherungsverfahrens zu sorgen.

Qualitätsmanagement ist einem regelmäßigen Audit zu unterziehen

Gemäß § 18 Abs 1  des Hochschul- Qualitätssicherungsgesetzes ist das Qualitätsmanagement einem regelmäßigen Audit zu unterziehen.  Bei Feststellung von Mängeln  im Zuge dieses Audits kann die Agentur der Fachbildungseinrichtung Auflagen erteilen (§ 22 Abs 5  Hochschul- Qualitätssicherungsgesetz). Die Mängelbehebung ist im Zuge eines FollowUp Verfahrens binnen 18 Monaten nach Zertifizierung von der Bildungseinrichtung nachzuweisen, widrigenfalls es zu einem Re-Audit kommt.

Die sogenannte Studierbarkeit (bestehend u.a. aus einer Studienplangestaltung, entsprechende Betreuungsangeboten)  gilt als  Kernelement der Akkreditierung. Jedoch scheint es (noch) kein Übereinkommen einer allgemein gültigen Definition des Begriffs der  "Studierbarkeit" zu geben, siehe auch Bericht der AQA selbst auf ihrer Homepage gemäß § 28  HS- QSG; 2018. Es bedarf eines einheitlichen Qualifikationsrahmen, für Hochschulen und deren Kooperationspartner. Dies sowohl auf nationaler, aber auch EU Ebene, dies betreffend Qualitätsprüfung von Lehrgängen, Lehrenden, als auch  Qualitätskontrolle von Arbeiten, wobei dem Praxisbezug der Fachhochschulen besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein wird.

Urheberrechtsgesetz ist einzuhalten

Gemäß der  Prüfungsordnung der Fachhochschule Wiener Neustadt ist bei der Verfassung der Arbeit das Urheberrechtsgesetz einzuhalten ist.  Dies  bestimmen auch die   Prüfungsordnungen anderer Fachhochschulen.

https://dzm8y13tmaxsv.cloudfront.net/wiener_neustadt/Infos-f%C3%BCr/Studierende/pruefungsordnung.pdf?mtime=20210115111027&focal=none

Tatsächlich scheinen jedoch etliche Arbeiten der Studenten den Medienberichten zufolge die Qualitätskontrolle mit Erfolg zu passieren; ohne jedoch die Kriterien, welche an wissenschaftliches  Arbeiten gestellt  sind, tatsächlich zu erfüllen.

Im Falle von Aschbacher prüfen nun sowohl die FH Wiener Neustadt als auch die TU Bratislava den Vorwurf des Plagiats und den damit einhergehenden Entzug des akademischen Titels. Wobei Berichten zufolge in der Slowakei aufgrund eines Plagiats der Titel  in der Vergangenheit nicht aberkannt werden konnte. Dies soll laut einem im Herbst des Vorjahres erlassenen Gesetzes erst für Arbeiten, die ab 2021 eingereicht wurden, möglich sein. Aktuell verjährt in Österreich die Möglichkeit des Entzugs eines akademischen Titels aufgrund eines Plagiats nicht.

Novelle des Universitätsgesetzes sieht Verjährung vor

Die  Novelle des Universitätsgesetzes sieht allerdings eine Verjährung der Aberkennung unredlich erlangter Titel nach 30 Jahren vor. Kritiker sehen dies problematisch. Würde doch der der bösgläubig agierende Plagiator einen unredlich erlangten Titel ersitzen.

Die Exministerin, welche zwischenzeitlich auf eine Rückkehr ins Amt und damit auf einen Weiterbezug ihres Gehalts verzichten hat, wird sich, wenn die Vorwürfe stimmen,  wohl nun  mit  einem  Verfahren zur Nichtigerklärung der Beurteilung und gegebenenfalls auch zum Widerruf des akademischen Grades nach § 89 UG konfrontiert sehen.

Die Bestimmungen für das wissenschaftliche Arbeiten gelten allerdings nur für Doktor- und Masterarbeiten. Aber auch die  betreffende Fachhochschule wird sich einer Überprüfung zu unterziehen und mit Auflagen zu rechnen haben. Im worst case droht dem betreffenden Lehrgang das Erlöschen und Widerruf der Akkreditierung.

Weitere rechtliche Konsequenzen des Plagiats

Abgesehen vom Titelentzug; ein  Plagiat  ist gemäß § 91 Urheberrechtsgesetz  mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten bedroht. Dies jedoch nur auf Verlangen des in seinem Urheberrecht Verletzten. Hier wäre zu überlegen bei Personen mit einer besonderen Vorbildwirkung, sohin bei Inhabern eines öffentlichen Amts,  von einer derartigen Ermächtigung abzusehen. Zudem drohen natürliche den Betreuern/ Beurteilern der Masterarbeit dienstrechtliche Konsequenzen, so auch die Kündigung des Dienstverhältnisses,  möglicherweise bei vorsätzlichem Zusammenwirken an der schändlichen Arbeit sogar auch strafrechtliche Konsequenzen. In Frage kommen gegen den Titelerschleicher und dessen Mitwirker auch  zivilrechtliche Ansprüche. Dies in etwa wegen Imagesverlustes geschädigter Dritter.

Gesetzlicher Riegel dem Ghostwriting

Das Universitätsgesetz will dem Ghostwriting  künftig einen Riegel vorschieben, und stellt (§ 116 a UG) das Anbieten von Ghostwriting unter Strafe- Ghostwriter haben  mit einer Strafe bis zu 25.000 Euro rechnen. Gewerblichen Anbietern drohen sogar bis zu 60.000 Euro.

Laut Plagiatsjäger Stefan Weber kommt es bei rund 3,5 Prozent der Arbeiten von Studenten oder Wissenschaftern zu  Plagiat, Ghostwriting und/ oder Datenfälschung. Bei rund 380.000 Arbeiten des vorigen Studienjahres wären davon rund 13.000 Arbeiten betroffen. An der Uni Wien wurden in den vergangenen 15 Jahren 26 Titel aberkannt.  Gibt man in die Suchmaschinen den Begriff Ghostwriting ein, scheinen nach wie vor die Anzeigen und Angebote diverser Ghostwriting Agenturen auf.

Zwischenzeitlich kam hervor, dass ausländische Institutionen zwar das Verfassen  von Arbeiten in deutscher Sprache  zulassen, jedoch über keine geeignete Plagiatsoftware  für Deutsch verfügen dürften. Eine derartige Praxis wäre gesetzlich abzustellen.  Ausländische Anbieter haben über die zur Prüfung geeignete Technik zu verfügen.

Anderer Fall, Vorgabe des erfolgreichen Abschluss eines Studiums:
Bezüglich eines erschlichenen Erwerbs von Akademikerehren von Politikern wird in den Medien immer der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ins Treffen geführt. Es gab aber auch in Österreich bereits einen anderen Fall eines Politikers, der ehemalige ÖVP-Landesrat  Christian Buchmann, der sich durch Plagiat  zu seinem Doktortitel und diesen  wieder abgeben musste: Seine politische Karriere konnte dieser  auch nach Abgabe des Titels fortsetzen.

Es gibt aber natürlich Fälle bei welchen jemand tatsachenwidrig vorgibt ein Studium mit Erfolg abgeschlossen zu haben, ohne, dass dies der Fall wäre. So im Falle von Ute Fabel, welche Kabinettschefin des Sozialministers Herbert Haupt war. Diese gab sich fälschlich als Magistra der Rechtswissenschaften aus. Derartiges stellt auch eine Verwaltungsübertretung dar. Dies sowohl nach dem Universitätsgesetz) als auch nach dem Fachhochschulgesetz (§ 24 Fachhochschulgesetz), Strafdrohung bis zu Euro 15.000 Euro. Die Fälschung von Zeugnissen ist eine Urkundenfälschung.