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Misstrauen facht USA-China-Konflikt an

Von Klaus Huhold

Politik

Die USA und China prallen wegen Hongkong und Huawei aneinander. Der Konkurrenzkampf zwischen der etablierten und der aufstrebenden Weltmacht wird noch lange kein Ende finden - egal, wer die US-Präsidentenwahl gewinnt.


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Es war nicht so, wie es Donald Trump erzählt. Das sagte zumindest der britische Gesundheitsminister Matt Hancock. Er beteuerte gegenüber dem Sender "Sky News", dass die Entscheidung der britischen Regierung, den chinesischen Mobilfunkgiganten Huawei beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes auszuschließen, rein technische Gründe habe. Zuvor hatte sich Trump indirekt damit gebrüstet, dass die britische Entscheidung auf seine persönlichen Warnungen vor einer Zusammenarbeit mit Huawei zurückgehe. "Wir haben viele Länder überzeugt", betonte er. "Ich habe das zum größten Teil selbst gemacht." Die US-Regierung und auch viele europäische Staaten fürchten, dass der chinesische Staat über Huawei zu viel Einsicht und Einfluss auf eine Schlüsseltechnologie in westlichen Ländern bekommt.

Auch sonst teilte der US-Präsident kräftig gegen Peking aus. So betonte er in dem Gespräch mit dem Sender CBS, im Handelsstreit keinen Ausgleich suchen zu wollen. "Ich habe im Moment kein Interesse daran, mit China zu reden." China habe die USA "mit der Seuche getroffen", meinte Trump.

Auch wegen des umstrittenen Sicherheitsgesetzes in Hongkong, das es China unter dem schwammigen Begriff der "Subversion" ermöglicht, gegen Oppositionelle vorzugehen, hat Trump Maßnahmen ergriffen. Er erklärte die Vorzugsbehandlung der Sonderverwaltungszone für beendet. "Keine besonderen Privilegien, keine besondere wirtschaftliche Behandlung und kein Export sensibler Technologien", sagte er bei einer Pressekonferenz. Zudem unterzeichnete er ein Dekret, wonach in den USA das Vermögen von Personen eingefroren wird, die demokratische Einrichtungen in Hongkong untergraben. Diese Maßnahme zielt gegen hochrangige Vertreter des chinesischen Staates.

China reagierte erzürnt. Nicht nur warf das Außenministerium den USA "politische Manipulation" vor. Sondern die Volksrepublik drohte auch gleich damit, selbst Strafmaßnahmen gegen die USA zu setzen - und zwar gegen Personen und Institutionen, die sich in Hongkong-Fragen "schlecht benehmen".

Beide sehen den anderen als Bedrohung an

Dass Trump China immer wieder die Schuld für die globale Ausbreitung des Coronavirus gibt, ist freilich auch vor dem Hintergrund des US-Wahlkampfes zu sehen. Er will damit die Verantwortung seiner Administration für die verheerenden Auswirkungen der Pandemie in den USA überdecken. Darüber hinaus hat Trump seit seinem Amtsantritt immer wieder gegen das Feindbild China mobilisiert, um seine Präsidentschaft zu stärken.

Gleichzeitig geht die Kritik an China in den USA weit über Trump hinaus. In der US-Politik herrscht ein parteiübergreifender Konsens vor, dass Chinas Aufstieg nicht nur die Weltmacht USA bedroht, sondern auch den Liberalismus generell und die von den USA nach dem Zweiten Weltkrieg vorangetriebene Weltordnung. Deshalb unterstützen etwa sowohl Demokraten als auch Republikaner die Sanktionen wegen Chinas Hongkong-Politik-

Umgekehrt nehmen aber auch chinesische Politiker und Analysten die USA als Bedrohung wahr. In Pekings Bild versucht Amerika, die "eigene Vormachtstellung zu bewahren, indem es die Volksrepublik geopolitisch einzudämmen und in ihrer wirtschaftlichen, technologischen und militärischen Entwicklung zu behindern sucht", heißt es in der von der deutschen "Stiftung Wissenschaft und Politik" Anfang des Jahres herausgegebenen Studie "Strategische Rivalität zwischen USA und China". In derselben Studie wird analysiert, dass sich Chinas Elite durch liberale Werte und Weltsichten in ihrem Herrschaftsanspruch bedroht sehe.

Das gegenseitige Misstrauen und die unterschiedlichen Interessen werden den USA-China-Konflikt wohl weiter anfachen - unabhängig davon, ob Trump oder der Demokrat Joe Biden die US-Präsidentenwahl gewinnt. Ändern werden sich vielleicht nur die Methoden, mit denen der Konkurrenzkampf zwischen der etablierten und der aufstrebenden Weltmacht ausgetragen wird.

Für andere Staaten bedeute das, dass sie schnell in das Kreuzfeuer dieses Konflikts geraten können, wie das Beispiel Huawei zeigt. Denn während Trump den Briten applaudierte, reagierte Peking erbost. Der Ausschluss Huaweis sei "eine große Gefahr für die Sicherheit der chinesischen Investitionen in Großbritannien", sagte Außenamtssprecherin Hua Chuying. Chinesische Konzerne sollten die politischen Risiken in Großbritannien beachten. Hier schwang zwischen den Zeilen eine Botschaft mit: Dass auch China seine wirtschaftliche Macht ausspielen kann.