Die Bush-Regierung bekommt in diesen Tagen - sehr zum Nutzen Teherans - die Spätfolgen der Geheimdienstpannen rund um den Irakkrieg zu spüren. Trotz der dabei verlorenen Glaubwürdigkeit geht Washington in die Offensive, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Teheran Waffen an die irakischen Aufständischen liefert. Doch das so genannte "Irak-Syndrom" lässt die Senatoren nach der Pleite mit den Massenvernichtungswaffen vorsichtiger werden. "Diesem Präsidenten glaube ich kein Wort mehr", meint etwa Hillary Clinton.
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Wohl mit einem Lächeln haben die Mullahs zudem zur Kenntnis genommen, dass die USA den Vorwurf, wonach iranische Spitzenpolitiker direkt die Belieferung irakischer Aufständischer mit Waffen befohlen haben, nun relativieren.
Präsident George W. Bush musste nun zugeben, dass seine Regierung keine Erkenntnisse habe, dass Führung des Iran Befehle dazu erteilt hätte. Den USA sei aber bekannt, dass die Al-Kods-Einheiten der Revolutionsgarden Sprengsätze in den Irak geliefert hätten. Bushs Äußerungen standen damit im Widerspruch zu Erklärungen von US-Vertretern in Bagdad, wonach höchste Stellen im iranischen Machtapparat den Waffenschmuggel angeordnet hätten.
Die Theorie, dass Teheran seinen schiitischen Arm nach Bagdad zur Gewaltanstiftung ausstreckt und die Region gefährdet, wackelt zunehmend. Was vor dem Irakkrieg von Politikern und der Öffentlichkeit nicht hinterfragt worden wäre, stößt jetzt auf Skepsis. Die Vorstellung, man würde solche Behauptungen über den Iran fabrizieren, sei absurd, kontert der Präsident.
Die kritische Öffentlichkeit und Teile der US-Medien aber argumentieren wie Irans Präsident Mahmud Ahmadinejad: Den Iran angesichts des Atomkonflikts jetzt mit Aufständischen und Terroristen im Irak in Verbindung zu bringen, sei der Versuch, einen Weg für einen Krieg gegen den Gottesstaat zu rechtfertigen - so wie einst die Amerikaner im Vorfeld des Irakkrieges Saddam Hussein eine Kooperation mit Al Kaida nachweisen wollten.
Auch wenn die Bush-Administration dies wiederholt negiert hat: Das Irak-Syndrom grassiert weiter. Irakkriegsgegner und Vietnamveteran John Murtha kündigte an, er wolle einen Zusatz zu dem von Bush beantragten Budget für den Irakkrieg. Inhalt: Kein Krieg gegen den Iran ohne Zustimmung des Kongresses.
Von diesem US-Dilemma profitiert vor allem Ahmadinejad. Für ihn dürfte es eine kleine Genugtuung sein, dass abseits der inner-iranischen Wirtschaftsprobleme und des wachsenden Drucks im Atomstreit zumindest die Vormachtsstellung des Iran in der Region gesichert ist. Denn die Experten sind sich einig, dass sich der Iran durch seine Irak-Politik (Unterstützung der Glaubensbrüder auf allen Ebenen) die Asse gesichert hat, die eine Lösung der Irakfrage ohne die Miteinbeziehung der Mullahs unmöglich macht.