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Missverständnis Song Contest

Von Christina Böck

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"Komm schon, Russland, wir können gewinnen!" So hat Popstar Robbie Williams diese Woche einen unvermuteten Vorschlag unterstrichen. Er bot sich als Vertreter Russlands beim Eurovision Song Contest (ESC) an. Da konnte man noch nicht ahnen, dass das nicht so weit hergeholt ist. Denn die echte Kandidatin für diese Aufgabe, Julia Samoilowa, darf nicht beim ESC in Kiew auftreten. Die ukrainischen Behörden haben ihr die Einreise verboten, weil sie 2015 auf der von Russland annektierten Krim aufgetreten ist - aus Sicht der Ukraine eine illegale Einreise. Das hat Russland bei der Wahl der Kandidatin wissen müssen. Der Verdacht liegt nahe, dass Samoilowa nicht zufällig ausgewählt wurde, der Eklat gewollt war.

Der ESC-Veranstalter, die European Broadcasting Union (EBU), hat hilflos vorgeschlagen, die Russin könne via Live-Schaltung teilnehmen. Da waren sich Russland und die Ukraine ausnahmsweise einig: Kommt nicht in Frage. Das ist gut so, würde es doch das Konstrukt des Song Contests ad absurdum führen. Der wurde als Friedensprojekt gegründet, als Zusammenkunft der Nationen ohne Konflikt - im musikalischen Leo sozusagen. Das mag man naiv finden, oder gerade erfrischend. Deswegen hat die an Regeln nicht arme EBU auch ein besonderes Verbot: Politische Lieder sind im Bewerb unerwünscht. Das Schlamassel, in dem sich der ESC befindet, hat die EBU selbst verschuldet. Indem man im Vorjahr das klar politische, anti-russische Lied der Ukraine zugelassen hat. Wer zum Streit lädt, darf sich nicht wundern, wenn das herumfliegende Porzellan das Wohnzimmer ruiniert.