"Palazzo Prozzo", so wird das Grazer Palais Herberstein, der EStAG-Sitz auch genannt. Die Vorstände Adolf Fehringer, Werner Heinzel und Hubert Jeneral, der EdF-Mann, ließen das Haus luxuriösest ausstatten. Beteiligungen wurden zu überhöhten Preisen gekauft, kritisiert ein Rechnungshof-Bericht. Geld zum Ausgeben war genug da. Hatte die EdF für die EStAG-Beteiligung mehr als 407 Mill. Euro hingelegt, die nicht dem Land zuflossen, sondern im Unternehmen verblieben.
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Ins Rollen brachte die Affäre der frühere Tourismus-Landesrat Gerhard Hirschmann, nachdem er im vorigen Jahr an Stelle des ausgeschiedenen Fehringer von der Politik in den Vorstand der EStAG wechselte. Mit ihm kam auch der rote Landesrat Günter Dörflinger in den Genuss eines lukrativen Postens beim Energieversorger. Er wurde dritter Vorstand bei der EStAG-Tochter Steirische Ferngas.
Hirschmanns Recherchen förderten beachtliche Verschwendungssucht zutage. Er warf seinen Kollegen Bilanzmanipulationen vor. Die Enthüllungen sollten jedoch nicht nur allen drei Vorstände den Job kosten, sondern auch Wirtschafts- und Finanzlandesrat Herbert Paierl als Eigentümervertreter der Holding in die Ecke drängen.
Auch die Wirtschaftsprüfer kommen nun ins Schussfeld. So habe einer jahrelang die Bilanz geprüft, aber gleichzeitig auch als Treuhänder fungiert und ein Unternehmenskonzept entworfen. Über viele Details soll Paierl in Aufsichtsratssitzungen informiert worden sein.
Hirschmann machte jedoch einen entscheidenden Fehler: Er thematisierte die von ihm aufgedeckten Missstände nicht wie eigentlich üblich im Aufsichtsrat, sondern ging sofort an die Öffentlichkeit. Er genoß den Rundumschlag und den medialen Rummel um seine Person auch offensichtlich. Das Problem der Landespolitiker Waltraud Klasnic und Herbert Paierl: Sie reagierten nicht oder zu spät.
Im November 2003 war die Angelegenheit nicht länger unter den Tisch zu kehren. Landeshauptfrau Klasnic bestellte den ehemaligen Wirtschaftsminister Johannes Ditz (V) und den steirischen Ex-Landeshauptmannstellvertreter Peter Schachner-Blazizek (S) als Aufsichtsratsvorsitzende.
Der gesamte Vorstand wurde im Jänner entlassen. Trotz allem dürften sich die drei Herren über eine gewaltige Barabfindung freuen. Mit Heinzel und Jeneral konnte eine Vereinbarung getroffen werden. Sie sollen je 260.000 Euro Abfertigung erhalten. Zudem hat jeder von ihnen Anspruch auf eine Firmenpension von rund 7.500 Euro pro Monat zusätzlich zur ASVG-Rente. Mittlerweile ist der ehemalige Bundesforste-Vorstand Richard Ramsauer zum Aufsichtsratsvorsitzenden geworden. Er begrüßt diese moderate Abfindung, da die Ansprüche bei rund 4 Mill. Euro pro Person liegen. Für viele ist aber nicht nachvollziehbar, warum der Vorstand, dem der Rechnungshof in einem Bericht Misswirtschaft attestiert hatte, überhaupt Anspruch auf Abfertigung und Pension hat. Paierl wollte sich eine Hintertüre offen lassen und verlangte, dass die Auszahlung nur dann erfolgen dürfe, wenn keine Organhaftung bestehe. Doch der EStAG-Anwalt geht davon aus, dass die Zahlung am 1. April erfolgen wird, da es keinen Grund zur Zurückhaltung gebe.
Ditz ist seit der Abberufung des Trios interimistischer Vorstand und ihm wird nachgesagt, dass er dieses auch bleiben möchte. Die Vorstandssuche hat bereits via Ausschreibung begonnen.
Hirschmann, der sich nun als Prügelknabe fühlt, wird es dem Unternehmen noch länger schwer machen. Er will auf Wiedereinstellung klagen. Wie sich die EStAG-Geschichte weiterentwickelt, ist unklar. Der Verbund, der schon jetzt an der EStAG-Tochter Steweag/Steg beteiligt ist, hat sein Interesse am Versorger bekundet und will die Anteile des Landes und die der französischen EdF erwerben.