Eine Million Jobs stehen auf dem Spiel. | Öffentlicher Sektor stark betroffen. | London/Wien. "Am Mittwoch fällt das Beil", kommentierte die "Financial Times". Wenn der britische Finanzminister George Osborne heute seinen Budgetplan vorlegt, heißt das vor allem eines: Sparen, Sparen, Sparen.
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Das Haushaltsdefizit von derzeit 10,1 Prozent soll auf 1,1 Prozent in den kommenden fünf Jahren zusammengekürzt, der Gesamtschuldenberg von einer Billion Pfund soll reduziert werden. Von den Einsparungen ist nur das Gesundheitswesen ausgenommen. Manchen Ressorts drohen bis zu 25 Prozent Ausgabenkürzungen. Besonders betroffen ist der öffentliche Dienst. 600.000 Arbeitsplätze sollen dort verloren gehen. Wegen mangelnder staatlicher Aufträge könnten eine weitere halbe Million Jobs im Privatsektor wegfallen, schätzt die Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers.
Vor dieser Aussicht graut dem Verband der Kleinunternehmen, der darauf verweist, dass manche der kleineren Firmen zu 50 bis 60 Prozent von öffentlichen Aufträgen abhängen. Damit widerspricht der Verband den Führern von 35 großen britischen Unternehmen, die Osborne in einem offenen Brief zum Festhalten an seinem Kurs aufriefen. "Der private Sektor sollte auf jeden Fall in der Lage sein, die Jobs zu ersetzen, die im öffentlichen Bereich wegfallen", meinten die Unternehmer, von denen viele die konservativen Tories im Wahlkampf mit bedeutenden Summen unterstützt hatten. Osborne strebt genau diese Verlagerung vom öffentlichen zum privaten Sektor hin an.
Nobelpreisträger warnt
Die Gewerkschaften und die oppositionelle Labour-Party fühlen sich dadurch stark an die Zeit der "Eisernen Lady" Margaret Thatcher erinnert, die eine radikale Privatisierungspolitik in den 80er-Jahren durchsetzte. Aber auch Wirtschaftsforscher sind alarmiert. David Blanchflower, ehemaliges Mitglied des Geldpolitikausschusses der Bank of England, sprach von einem "schrecklichen, schrecklichen Fehler." Zwar ist er nicht prinzipiell gegen Einsparungen, bemängelt aber, dass sie sich nicht über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Auch Christopher Pissarides, frisch gekürter Ökonomie-Nobelpreisträger, sieht keinen zwingenden Grund für die von der konservativ-liberalen Regierung vorgelegte Eile - "es gibt keine so große Risikoprämie beim Staatsdefizit wie in Griechenland oder Spanien", sagte er.