"Inserate wirkten wie Kampagne des Ministers" -Ermittlungen laufen.
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Wien. Sein Konterfei war fast überall zu sehen. Genauer gesagt: Von 94 Prozent der Inserate des Lebensministeriums in Printmedien strahlte im Jahr 2010 Minister Nikolaus Berlakovich persönlich dem geneigten Leser entgegen. Unter anderem auf der Werbung für eine Photovoltaikförderung des Klima- und Energiefonds, die der Fonds und nicht das Ministerium bezahlte. Der hohe Anteil an persönlichen Inseraten ist nur einer der unzähligen Kritikpunkte an der Öffentlichkeitsarbeit des Lebensministeriums, die der Rechnungshof (RH) in seinem Bericht gefunden hat.
Wir erinnern uns: Im Herbst 2012 wurde das Thema Inserateschaltungen von Ministerien und Regierungsmitgliedern heiß diskutiert - und zwar nicht nur, aber vor allem im parlamentarischen Korruptionsuntersuchungsausschuss. Einen Tag, bevor Berlakovich in den Zeugenstand geladen war, sickerte der Rohbericht des Rechnungshofs an die Öffentlichkeit. Schon damals wurde klar: Das Ressort hatte in den Jahren 2006 bis 2011 (seit 2008 ist Berlakovich Landwirtschaftsminister, davor war es Josef Pröll) hohe Summen für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben, einen Großteil davon für Inserate in Medien "mit untergeordneter oder nicht bekannter Reichweite" wie der "Österreichischen Bauernzeitung".
Im U-Ausschuss zeigte sich Berlakovich nervös und unsicher. Gefragt nach den Inseraten in der "Bauernzeitung" meinte er, dass diese eben das Zielgruppenmedium sei. Und dann wurde es skurril: Auf die Frage von BZÖ-Mandatar Stefan Petzner nach den Eigentumsverhältnissen der "Bauernzeitung" geriet Berlakovich ins Stocken und konnte keine Auskunft geben. Die Zeitung gehört jedoch über eine komplizierte Konstruktion, die der Grüne Peter Pilz aufblätterte, zu 100 Prozent dem Österreichischen Bauernbund, einer Teilorganisation der Volkspartei, auch der Bauernbündler Berlakovich ist bis heute im Impressum der Zeitung zu finden. Pilz zeigte daraufhin Berlakovich und unbekannte Täter wegen Untreue an. Bei der Staatsanwaltschaft Wien hieß es am Dienstag auf Anfrage der "Wiener Zeitung", das Ermittlungsverfahren sei noch offen, die Unterlagen würden noch geprüft.
29 Millionen Euro, nur kleine Wirkung
Aber zurück zum Rechnungshof: Am Dienstag haben nun die Prüfer den offiziellen Bericht vorgelegt - und trotz dreimonatiger Frist zur Stellungnahme konnte das Ministerium die Vorwürfe nicht entkräften. So bleibt der RH dabei, dass die hochpersonalisierten Schaltungen in den Printmedien im Jahr 2010 teilweise "den Eindruck einer Imagekampagne des Bundesministers erweckten". Insgesamt hat das Ministerium in den Jahren 2006 bis 2011 rund 29 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. Und das offenbar weitestgehend am Ziel vorbei: So wird kritisiert, dass man aufgrund mangelnder Resonanz die - vergleichsweise günstigen - Pressekonferenzen zugunsten von teils teuer zugekauften Aussendungen reduziert hat. Dazu kamen Advertorials und Inserate -im Jahr 2010 wurden dafür 2,42 Millionen Euro ausgegeben. Die Kennzeichnungspflicht als Werbeeinschaltungen wurde in 50 Prozent der Medien nicht und in weiteren 10 Prozent nur mangelhaft erfüllt. Weiters zerpflückten die Prüfer auch andere Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit: So wurden im Untersuchungszeitraum mehr als zwei Millionen Euro für die Produktion und den Verleih von Filmen ausgegeben, mehr als 40 Prozent der Filme waren Ladenhüter, für die sich niemand interessierte.
35.000 Euro für den Papiercontainer
Bereits bekannt sind die hohen Kosten für Publikationen des Ministeriums: 960.000 Euro wurden von 2006 bis 2011 für Publikationen ausgegeben, bis 2009 wurden sie von einem privaten Unternehmen gelagert und versendet. Kostenpunkt: 258.000 Euro. Ein Teil wurde um 35.000 Euro wieder vernichtet. Externe Beratungsleistungen und die Leistungen von Fotografen wurden massig zugekauft -und zwar ohne Ausschreibung, da das Auftragsvolumen stets unter der Ausschreibungsgrenze von 100.000 Euro gehalten wurde. Dennoch betrugen die Gesamtkosten für externe Leistungen 2,2 Millionen Euro. Dazu kam die Produktion von Give-Aways um 280.000 Euro, Sponsoring ohne Richtlinien und zahlreiche undurchsichtige Werbekampagnen. So schreiben die Prüfer über die Jugendkampagne "Generation Blue": Vor Beginn sei die Ist-Situation nicht erhoben worden, "es war kein konkreter Anlass für die Initiierung der Kampagne . . . erkennbar" und eine "konkrete Definition von Zielen fehlte". Auch die Homepage des Ministeriums, deren Betreuung und Neukonzeption ohne Vergabeverfahren und gegen den Rat des Verfassungsdienstes im Kanzleramt und der Finanzprokuratur an einen Verein vergeben wurde, an dem ein privates Unternehmen beteiligt ist, wurde neuerlich kritisiert.
Während der Bericht für Pilz bestätigt, dass "Berlakovich ein besonders windiger Bursche" ist, sieht man das in dessen Büro anders. Die Reaktion auf den Bericht kam spät, schließlich war man den ganzen Tag mit den Bienen beschäftigt. Am Nachmittag hieß es, man nehme die RH-Empfehlungen ernst. "Die Kosten für die Öffentlichkeitsarbeit werden sukzessive zurückgefahren", sagte Berlakovichs Sprecher zur "Wiener Zeitung". Und: Damals, als der Minister auf den Inseraten abgebildet war, sei dies ja auch noch nicht verboten gewesen. Das hätten alle so gemacht.