Vorurteile bei Betrieben abbauen. | Arbeitswelt den Bedürfnissen älterer Menschen anpassen. | Wien. Ziel der jüngsten Pensionsreform war, das tatsächliche Pensionsantrittsalter in Österreich näher an das gesetzliche von 60 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer heranzuführen. Dem gegenüber steht aber ein Arbeitsmarkt, in dem es für ältere Menschen immer schwieriger wird, einen Job zu behalten oder wiederzuerlangen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Um mögliche Wege aus dieser Diskrepanz aufzuzeigen, veranstaltete das sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut Abif (Analyse, Beratung und interdisziplinäre Forschung) in Kooperation mit dem Arbeitsmarktservice Österreich (AMS) und dem ZSI (Zentrum für Soziale Innovation) am Donnerstag eine Tagung unter dem Titel "Arbeit für ältere Arbeitssuchende - Chance oder Sackgasse". Die Datenlage ist ernüchternd: 2006 standen laut Wirtschaftsministerium rund 36 Prozent der österreichischen Bevölkerung zwischen 55 und 64 Jahren in einem Arbeitsverhältnis oder waren selbständig. Die Arbeitslosenquote in dieser Bevölkerungsgruppe betrug rund fünf Prozent.
Zahlreiche Initiativen
2010 will Österreich das Lissabon Ziel - 50 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sollen dann im Erwerbsprozess stehen - erreicht haben. "Vor dem Hintergrund, dass Österreich eine sehr niedrige Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer aufweist, ist es dringend notwendig, sich entsprechende Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung der Altersarbeitslosigkeit zu überlegen", erklärte Abif-Geschäftsführerin Karin Steiner.
In den letzten Jahren haben verschiedene Initiativen und Sozialinstitutionen versucht, Wege aufzuzeigen, wie die Wiedereingliederung älterer Langzeitarbeitsloser funktionieren kann. "Ein wesentlicher Aspekt für eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist der Abbau von Vorurteilen bei den Personalverantwortlichen in Unternehmen", erklärt Judith Pühringer vom Dachverband für soziale Innovation. Für die Aufnahme älterer Mitarbeiter sind laut Marion Vogt, von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt, hauptsächlich drei Punkte förderlich: Ein hoher Altersdurchschnitt der Beschäftigten im Unternehmen, konkrete Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern und eine ältere Kundenschicht.
"Vor allem durch Arbeitsstiftungen, die arbeitssuchende Personen entsprechend bestimmter betrieblicher Erfordernisse qualifizieren, konnten gute Reintegrationsergebnisse erzielt werden", schildert AMS-Experte Marius Wilk. Die Unternehmen können - ohne zusätzliche Personalkosten - über einen längeren Zeitraum ausprobieren, ob ein Arbeitnehmer den Anforderungen entspricht und in das Team gut integrierbar ist. "Dadurch werden Vorurteile wie mangelnde Flexibilität oder zu häufige Krankenstände älterer Arbeitnehmer sehr rasch abgebaut", schildert Vogt.
Zu wenig Geld für alle
Ähnlich erfolgreich sind Älteren-Coaches, die ihre Vermittlungstätigkeit an den individuellen Fähigkeiten der Arbeitssuchenden orientieren. Als nachteilig erachtet Wilk aber, dass die meisten Initiativen sehr geldintensiv und daher für die breite Masse nicht anwendbar sind. "Zusätzlich reduziert sich 2008 das frei verfügbare Budget des AMS, das solche individuellen Maßnahmen fördert, da im nächsten Jahr mehr Mittel in vordefinierte Programme umgeschichtet werden", sagte Wilk. So müssen aus den Töpfen des Arbeitsmarktservice auch Erstqualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche - etwa via Blum-Bonus geförderte zusätzliche Lehrstellen - bezahlt werden.
Ein großes Problem für die Wiedereingliederung älterer Arbeitskräfte stellt die Gesundheit dar. Neben körperlichen Einschränkungen sind vor allem psychische Erkrankungen ein Grund, warum viele Ältere nicht mehr oder nur mit Einschränkungen in den Arbeitsprozess integrierbar sind. Eine Möglichkeit, diese Personen dennoch im Arbeitsmarkt zu halten, wäre die Förderung flexibler Arbeitszeitmodelle und Arbeitsabläufe, so Wolfgang Michalek vom ZSI.
"Wünschenswert wäre eine Gesundheitsförderung sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitssuchende. Zudem sollte die körperliche Konstitution auch bei der Vermittlung mehr berücksichtigt werden", rät Steiner.