Zum Hauptinhalt springen

Mit Allah in dritte Amtszeit

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Sorge vor weiterer Islamisierung wächst.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Lahore/Islamabad. Nawaz Sharif gibt sich staatsmännisch. Als bei der Parlamentswahl in Pakistan der Sieg in seinem angestammten Wahlkreis in Sagodha, in der Punjab-Provinz, feststeht, lächelt er nur sanft. Das Jubeln überlässt er den anderen in seinem politischen Familienunternehmen.

Nawaz Sharif hat sich mit einem Wahlsieg zurückgemeldet, nach fast 14 Jahren. Sieben davon hat er im Exil in Saudi-Arabien verbracht, wo ihn die dortige Regierung mit 40 weiteren Familienmitgliedern aufnahm, nachdem das Militär Sharif in einem unblutigen Coup 1999 abgesetzt hatte. Nun sieht alles danach aus, als würde der damals geschasste Politiker zum dritten Mal Regierungschef der unruhigen Atommacht Pakistan werden. Denn bei der Parlamentswahl hat nach jüngsten Medienberichten Sharifs Partei einen klaren Sieg errungen. Die PML-N erhielt demnach 130 der insgesamt 272 neu zu vergebenden Sitze. Die absolute Mehrheit von 137 Sitzen verfehlte sie aber knapp.

Dagegen brach die Regierungspartei PPP, die von Asif Ali Zardari, dem Witwer der ermordeten Ex-Premierministerin Benazir Bhutto, geleitet wird, von bisher 125 auf 33 Sitze ein.

0

"Wir sollten Allah danken, dass er der PML-N eine weitere Chance gegeben hat, Euch und Pakistan zu dienen", rief Sharif seinen Anhängern vor der Parteizentrale in in Lahore zu. Sharifs alteingesessene Partei mit ihrer konservativen Wählerbasis schlug in einem emotionalen Finale den politischen Newcomer Imran Khan, einen früheren Cricket-Star, der mit einer modernen, perfekt inszenierten Wahlkampagne für einen radikalen Neuanfang warb und die neue Mittelschicht des Landes elektrisierte. Khan mit seinem Image als Saubermann und Retter der Nation brachte Tränen und Drama in die Abstimmung und inspirierte Millionen Menschen, erstmals ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung erreichte eine Rekordhöhe wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Inszenierung der Niederlage

Khans Inszenierung, dessen Partei laut Medienberichten auf 29 Sitze kam, war auch in der Niederlage noch großes Kino: Von seinem Krankenhausbett in Lahore aus dankte er per Video-Botschaft allen seinen Anhängern und versprach, als Oppositionspartei für das Wohl des Landes zu arbeiten. Auf seiner linken Stirnseite klebte ein sauberes Wund-Pflaster. Kurz vor Ende des Wahlkampfes war Khan bei einer Kundgebung von einem improvisierten Bühnenlift gestürzt und hatte sich schwer verletzt.

Bilder des blutüberströmten Politikers, der von Helfern ins Hospital gebracht wurde, brachten Khan noch mehr Sympathien ein. Doch am Ende reichte es nicht gegen Sharifs alteingesessene Partei, deren Basis seit Generationen tief mit der Mittelschicht aus Händlern und Kleinunternehmern in der Punjab-Provinz verbandelt ist und die auf Familie und Tradition setzt.

Die Sharif-Partei ist ein politisches Familienunternehmen, wie es in Südasien üblich ist. Bruder Shahbaz regierte in den letzten fünf Jahren die Punjab-Provinz. Nawaz Sharifs Tochter, Maryam, bewirbt sich erstmals um einen Sitz im Parlament. Die 39-Jährige wirbt für ihren Vater: "Er ist ein anderer Mann. Er ist erfahren, ein Staatsmann, klug und ein gereifter Politiker", sagte sie. Sharif hatte als Premierminister in den 1990er Jahren nicht immer eine glückliche Hand bewiesen. Doch das soll nun alles Vergangenheit sein.

Wirtschaft liegt am Boden

Maryam, das neue, schöne Gesicht im politischen Familienunternehmen, will auch helfen, die Sorge zu zerstreuen, unter Sharif könne das Land weiter islamisieren. Sharifs Nähe zum streng-konservativen Saudi-Arabien, seine teils anti-amerikanische Haltung und seine versteckten Sympathien für die radikalen Taliban sorgte immer wieder für Spekulationen.

Sharif besitzt eine komfortable Mehrheit, um eine neue Regierung zu bilden. Doch die Aufgaben, die auf ihn warten, sind enorm: Pakistans Wirtschaft ist am Boden, Stromausfälle von mehr als zwölf Stunden am Tag plagen das Land. Gewalt, Kriminalität, Korruption und Attentate der aufständischen Taliban prägen den Alltag. Sharif hat versprochen, die Wirtschaft anzukurbeln und die Infrastruktur Pakistans zu modernisieren. Dazu braucht er die Hilfe des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Doch diese werden konkrete Erfolge bei der Terror-Bekämpfung sehen wollen und einen Rechtsruck Pakistans zu den Fundamentalisten nicht sehr goutieren. Es wird ein schwieriger Spagat werden für Sharif.