Höchstgericht erlaubte Rückkehr in die Heimat. | Sharif will bei den Wahlen im Oktober antreten. | "Wiener Zeitung": Der Oberste Gerichtshof Pakistans hat entschieden, dass Sie nach Jahren des Exils nun nach Pakistan zurückkehren dürfen. Wer steckt hinter diesem Urteil und was denken Sie darüber?
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Nawaz Sharif: Der oberste Gerichtshof hat dem Gesetz und der Sachlage nach geurteilt. Diese Entscheidung wurde von der ganzen Nation positiv aufgenommen. Ich sehe dieses Urteil als wegweisenden Glücksfall für die nähere Zukunft Pakistans.
1999 wurden Sie bei einem unblutigen Putsch von Präsident Musharraf gestürzt. Wie sehen Sie das Ereignis?
Die Armee hat nichts im Bereich der Politik zu suchen. Laut der pakistanischen Verfassung sind Armee und Politik streng getrennt. Wie kann man dann sagen, ich sei im Unrecht gewesen? Die Einmischung des Militärs hat uns Probleme beschert. Verfassung, Gesetz und Institutionen wurden beschädigt, als Folge ist das ganze Land zerrüttet.
Angenommen, Präsident Pervez Musharraf verliert die anstehenden Wahlen: Denken Sie, er wird einfach die politische Bühne verlassen?
Darauf will ich gar nicht näher eingehen. Meiner Meinung nach dürfte er gar nicht an diesen Wahlen teilnehmen und qualifiziert sich gar nicht als Kandidat.
Und wenn Musharraf doch als Präsident vom Parlament wiedergewählt wird, was machen Sie dann?
Warum sollte er wiedergewählt werden? Zunächst wird er von uns für seine Taten verantwortlich gemacht und das wird sicher kein Spaß. Pakistan ist ein unabhängiges Land, mit eigener Verfassung und eigenen Gesetzen. Er kann diese nicht brechen oder außer Kraft setzen wie er will und wie er es bisher getan hat. Jetzt stellt sich die Nation gegen ihn, die Parteien stellen sich gegen ihn, die Gerichte stellen sich gegen ihn, alle entwickeln sie politisches Bewusstsein.
Im Falle eines Wahlsieges: Denken Sie, dass Musharrafs Armee mit Ihnen fair umgehen wird, oder fürchten Sie vielmehr, dass das Militär Widerstand leisten wird?
Ich erwarte nicht, dass die Armee Gerechtigkeit walten lassen wird. Gerechtigkeit lassen nur die Gerichte walten. Aber wir haben die Hoffnung, dass verantwortliche Offiziere die Verfassung respektieren werden. Das Militär soll sich nicht mit Politik befassen. Es soll das Land sichern und beschützen, statt es in Gefahr zu bringen.
Warum sind Sie so sehr gegen Präsident Musharraf? Glauben Sie nicht, dass er auch viel geleistet hat, für das man ihm keine Vorwürfe machen sollte?
Gesetzesbrecher tun nie etwas Gutes. Musharraf achtet die Verfassung nicht. Wir können nicht erwarten, dass jemand, der das Gesetz bricht, in der Lage ist, etwas Gutes für sein Land zu tun. Ich hege keinen persönlichen Groll gegen ihn. Ich bin nicht gegen ihn wegen der politischen Rolle die er momentan spielt, sondern weil er dazu nicht legitimiert ist.
Glauben Sie, dass Musharrafs Regierung die USA unterstützt?
Diese Frage kann Ihnen nur Amerika bzw. Präsident Bush beantworten, warum sie Musharraf unterstützen.
Sie haben keinerlei Verbindung zu Musharrafs Partei. Obwohl diese mit allen anderen Parteien im Dialog steht, weigern Sie sich, Kontakt aufzunehmen. Warum?
Wir wollen Demokratie, keine Diktatur, also akzeptieren wir die Verfassung. Es handelt sich um eine Kontroverse, oder einen Krieg, wenn Sie so wollen, zwischen Leuten, die der Verfassung folgen und Leuten, die dies nicht tun. Aus diesem Grund ist es unser Prinzip, diesen Krieg zwischen Demokraten und grausamen Leuten zu führen und mit Gottes Gnade und Allahs Hilfe, werden wir sicher eines Tages gewinnen.
Wie sieht die Agenda Ihrer Partei aus?
Wir werden unsere Vormachtstellung nutzen, um gemäß Verfassung und Gesetz das Volk zu retten. Wir werden die Probleme des Landes lösen. Wir werden die Arbeitslosigkeit eliminieren und wenn es ein Problem mit den Lebenshaltungskosten gibt, so werden wir es lösen. Die Voraussetzung für diese Schritte ist, dass wir das Land disziplinieren.
Wie wollen Sie das machen?
Die wichtigste Bedingung für diese Disziplinierung ist, das Land gemäß der Verfassung zu regieren. Entsprechend werden sich dann die weiteren Schritte gestalten. Für ein vernünftiges Land ist es die Aufgabe, im Rahmen der Verfassung zu bleiben. Das ist unsere Agenda, einfach und geradlinig. Unsere Aufgabe ist es, ein demokratisches und verfassungsverankertes Land zu schaffen.
Kritiker sagen, Sie hätten Ihrem Land sehr geschadet. Denken Sie, es ist der richtige Zeitpunkt für Ihre Ankunft in Pakistan?
Ich sehe die Rückkehr als meine Pflicht gegenüber Pakistan. Wenn Gott mir diese Möglichkeit gibt und meine Absichten ehrlich sind: Warum sollte ich nicht? Das Land Pakistan ist meine Mutter, ich bin Pakistani, Sie können sich kaum meine Gefühle vorstellen, wie sehr ich von ganzem Herzen zurück nach Pakistan möchte. Wenn es in meiner Macht liegt, möchte ich Pakistan so sehen, wie es früher war. Ich denke Sie werden feststellen, dass meine Gründe durchaus verständlich sind. Ich habe dem Land nicht geschadet.
Mit welchen Worten, denken Sie, wird man sich in der pakistanischen Geschichte an Sie erinnern? Was haben Sie Besonderes für dieses Land getan?
Ich habe es immer als meine Pflicht angesehen, Pakistan zu dienen und dafür zu sorgen, dass ich auch in Zukunft einen Platz in den Gebeten der Leute haben werde. Aber ich denke, das Volk kann meinen Platz in der pakistanischen Geschichte besser in Worte fassen. Aber ich habe all diese Arbeit nicht für Anerkennung getan. Ich habe mich aufgeopfert und alles was ich für das pakistanische Volk getan habe, habe ich aus tiefstem, ehrlichem Herzen getan. Nicht für persönliche Bereicherung mache ich jeden Tag meine Arbeit. Deswegen und dank der Gnade Gottes gibt es viel Respekt und Achtung für mich in ihren Herzen und sicherlich wird das pakistanische Volk unsere Partei als führende Partei schätzen. Dank der Gnade Gottes hat unsere Partei eine feste Wählerbasis, die Tag für Tag größer wird; das ist die Liebe des Volkes für unsere Partei. Als das Urteil des obersten Gerichtshofs verkündet wurde, wurde dieser Beschluss vom Volk gefeiert. Wenn Sie nach Pakistan schauen, können Sie das auch selbst sehen.
Sie haben mit der Saudi-Arabischen Regierung eine Vereinbarung getroffen, welche besagt, dass Sie für zehn Jahre nicht nach Pakistan zurückkehren. Werden Sie diesen Vertrag brechen und nach Pakistan gehen?
Ich habe keine Vereinbarung über zehn Jahre getroffen. Hier handelt es sich nur um Propaganda von Herrn Musharraf.
Es heißt, Sie mussten das Land wegen illegaler Immobiliengeschäfte, Korruption und Steuerhinterziehung verlassen. Deswegen wurden Sie auch aus dem Land geputscht. Stimmt das?
Von diesen Vorwürfen höre ich heute zum ersten Mal. Haben Sie vom pakistanischen Geheimdienst die Anweisung bekommen, diese Frage zu stellen?
Steuerhinterziehung und Schweizer Bankkonten sprechen gegen Sie. Stimmt das nicht?
Wenn Sie mir nicht glauben wollen, ist das Ihre Sache. Ich habe weder Steuern hinterzogen, noch Schweizer Bankkonten, die gegen mich sprechen.
Im pakistanischen Fernsehsender GEO wurde behauptet, dass Sie in Verbindung mit Osama bin Laden gestanden haben, was sagen Sie dazu?
Wer hat Ihnen das gesagt?
Es handelt sich um eine offizielle Schlagzeile von GEO. Von der Sendung gibt es auch Aufnahmen.
Das Fernsehen hat diese Nachricht verbreitet. Schön. Wurde in der Sendung auch eine Quelle für diese Meldung genannt? Es würde mich langsam wirklich interessieren, von wem Sie Ihre Anweisungen erhalten.
Sie haben das Thema Demokratie und Verfassung angesprochen. Während Sie an der Macht waren, wurde der Oberste Gerichtshof Pakistans angegriffen. Welche Rolle spielten Sie beziehungsweise Ihre Partei?
Es gab keinen Angriff auf den obersten Gerichtshof. Selbst wenn Sie es als Angriff sehen, werden Sie feststellen, dass alle Beteiligten an Musharrafs Seite sitzen und der Muslimliga angehören. Jetzt gehören sie der Regierung an und befinden sich alle in hohen respektablen Positionen.
Welche Rolle könnten die USA spielen, um Ihre Regierung wieder an die Macht zu bringen?
Das reicht jetzt.
Zur Person
(sh) Nawaz Sharif war von Mai 1993 bis Juli 1993 und von Februar 1997 bis Oktober 1999 Premierminister von Pakistan. Unter seiner Führung gewann das Parteibündnis Islamisch-Demokratische-Allianz die Parlamentswahlen gegen Benazir Bhutto im Jahre 1990. Später wurde er im Jahre 1993 vom Staatspräsidenten entlassen und Bhutto kam erneut an der Macht. 1997 errang seine Partei Muslimliga die absolute Mehrheit. Am 12. Oktober 1999 wurde Sharif vom General Pervez Musharaf geputscht und abgesetzt. Seit damals durfte Sharif nicht nach Pakistan einreisen und lebte in London. Am 23. August 2007 erlaubte ihm das pakistanische Höchstgericht die Rückkehr nach Pakistan. Sharif gilt neben der früheren Premierministerin Benazir Bhutto als mächtigster Gegenspieler von Staatschef Pervez Musharraf, der Präsidentenwahlen zwischen Mitte September und Mitte Oktober plant.