Rot-schwarzer Arbeitseifer. | Von Streit will keiner etwas wissen. | "Manchmal etwas bewölkt."
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Wien. Ausbau der Kinderbetreuung, Vorantreiben der Verwaltungsreform - die Bundesregierung hat am Dienstag im Ministerrat ihr Arbeitsprogramm für die nächste Zeit festgelegt. Von Unstimmigkeiten wollte niemand etwas wissen. Sacharbeit soll im Zentrum stehen. Allerdings macht es den Eindruck, als diene der demonstrative Arbeitseifer, der das Kabinett Faymann befallen hat, lediglich dem Kaschieren der rot-schwarzen Zores.
"Streitereien? Also in meinem Bereich sicher nicht. Da klappt die Arbeit hervorragend" - so lautet der Tenor unter den Regierungsmitgliedern auf die Frage nach einem etwaigen Zerwürfnis zwischen SPÖ und ÖVP aufgrund der Affäre um ÖBB-Inserate für Werner Faymann. So erklärte etwa Unterrichtsministerin Claudia Schmied, dass sie in Sachen Schulreform mit ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon "gut auf Kurs" sei. Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer beurteilte das Klima "mit den Teilen des Koalitionspartners, mit denen ich zusammenarbeite", als gut. Am Ende des Tages zähle die konstruktive Arbeit, die herauskomme, auch wenn es "manchmal etwas bewölkt" sei, so Hundstorfer.
Tatsächlich dürfte die Stimmung in der Koalition deutlich schlechter als "etwas bewölkt" sein. Zwar sagt Vizekanzler Michael Spindelegger, dass es keinen Kriegszustand gegeben habe, deshalb sei auch kein Friedensschluss nötig, hinter vorgehaltener Hand erfährt man aber aus Ministerkreisen, dass es "ordentlich kracht". Zumindest aus ÖVP-Sicht ist auch der Grund dafür klar: Die SPÖ sei erzürnt und nervös, weil die Affäre um die ÖBB-Inserate so hochkocht und eigentlich niemand mehr über die (ÖVP-)Affäre Telekom spricht. "Die haben die Hose deswegen gestrichen voll", heißt es aus der ÖVP.
In der SPÖ versucht man weiter, in Sachen ÖBB-Inserate abzuwiegeln. "Jeder Kriminalisierungsversuch ist völlig fehl am Platz", sagt Klubchef Josef Cap. Die ÖBB seien mit den Inseraten lediglich ihrer Informationspflicht nachgekommen. Auch Unterrichtsministerin Schmied findet es weiterhin "notwendig, breit zu informieren".
In der ÖVP freut man sich hinter den Kulissen diebisch über die Affäre. Offiziell versucht man allerdings, die Sache gütlich beizulegen, etwa mit neuen Regeln zu Regierungsinseraten (siehe unten). So will ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf auch "nicht über Befindlichkeiten diskutieren, das interessiert die Bevölkerung nicht". Er räumt aber ein, dass es zwischen SPÖ und ÖVP "keine Liebesheirat" sei, sondern ein reines Zweckbündnis mit der "Pflicht, anstehende Probleme zu lösen. Deshalb haben wir miteinander zu können. Punkt. Aus."
Wohl auch aus diesem Grund hält sich die ÖVP wieder mehr zurück, was die Prüfung der ÖBB-Inserate in einem U-Ausschuss angeht. Klubchef Kopf erklärte, er gehe "ergebnisoffen" in die diesbezüglichen Gespräche mit der Opposition am Freitag. Man werde deren sechs Forderungen - Telekom, Buwog, Behördenfunk, Vergabe von Staatsbürgerschaften, Lockerung des Glücksspielmonopols und ÖBB-Inserate - "auf ihre Substanz abklopfen". Er jedenfalls verschließe sich keinem Punkt.
Josef Cap hingegen sieht nicht, was es bezüglich der ÖBB-Inserate aufzuklären gibt. Für ihn ist das nur ein "Ablenkungsmanöver" von schwarz-blauen Affären.