Als Höchstrichterin könnte Amy Barrett schon bald über die Gesundheitsreform entscheiden. Die Demokraten hoffen, dass das ihre Wähler mobilisiert.
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Der Fahrplan ist dicht getaktet. Schon in dieser Woche soll Amy Coney Barrett eine ganze Reihe von Senatoren treffen, um ein erstes Abtasten vor dem am 12. Oktober beginnenden Hearing zu ermöglichen, bei dem sich die 48-jährige Juristin auch öffentlich zu ihren Rechtsansichten und ihrem Amtsverständnis befragen lassen muss. Am 22. Oktober soll dann bereits der entsprechende Senatsausschuss über die von US-Präsident Donald Trump für den Supreme Court nominierte Kandidatin entscheiden, ehe gegen Ende des Monats dann der gesamte Senat abstimmt.
Halten dieser Zeitplan und die knappe Mehrheit in der republikanisch dominierten zweiten Kongresskammer, dann würde Barrett nicht nur rechtzeitig vor der Präsidentschaftswahl am 3. November als Nachfolgerin der vor knapp 10 Tagen im Alter von 87 Jahren gestorbenen Ruth Bader Ginsburg angelobt werden. Barrett säße auch schon auf der Richterbank, wenn das neunköpfige Richtergremium am 10. November damit beginnt, die ersten mündlichen Stellungnahmen in einem Fall einzuholen, mit dem die Republikaner hoffen, die Gesundheitsreform von Ex-Präsident Barack Obama auszuhebeln.
Trump will das auch als Obamacare bekannte Prestige-Projekt seines Vorgängers, das unter anderem Personen mit Vorerkrankungen erstmals den Zugang zur Krankenversicherung garantierte, schon die längste Zeit vom Supreme Court aufgehoben sehen. Bei einem früheren juristischen Angriff war der Affordable Care Act allerdings mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen vom Höchstgericht bestätigt worden. Mit Barrett hätten die Konservativen nun eine Mehrheit von sechs zu drei Stimmen.
Entsprechend rücken die Demokraten im Ringen um die Neubesetzung des Höchstgerichts nun auch die Gesundheitsreform ins Zentrum. "Es ist kein Geheimnis, was hier passiert", sagte der demokratische Herausforderer Joe Biden. "Trump versucht, den Affordable Care Act zu entsorgen. Er macht das schon seit vier Jahren." Ein Zurückdrehen der Reform hätte Biden zufolge vor allem schwerwiegende Folgen für Corona-Patienten, die im Fall von Lungen- oder Herzkomplikationen von Krankenversicherern abgelehnt werden könnten.
Harris in den Startlöchern
Dass sie eine rasche Vereidigung der konservativen Juristin angesichts von nur zwei republikanischen Abweichlern im Senat wohl kaum verhindern können, ist dabei auch den Demokraten klar. Für sie geht es bei der öffentlichen Senatsanhörung von Barrett vor allem um die Mobilisierung der eigenen Basis und der verbliebenen Unentschiedenen. So ist etwa die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris Mitglied jenes Komitees, vor dem Barrett ab 12. Oktober Rede und Antwort stehen muss. Und als mit Brett Kavanaugh 2018 der bisher letzte Trump-Kandidat befragt wurde, war es vor allem Harris gewesen, die den Bewerber mit bohrenden Fragen in die Enge getrieben hat.
Angriffsfläche bietet Barrett aus demokratische Sicht jedenfalls genug. So ist die langjährige Jus-Professorin in der Vergangenheit nicht nur gegen die Gesundheitsreform aufgetreten. Die strenggläubige Katholikin und Mutter von sieben Kindern ist auch als strikte Abtreibungsgegnerin bekannt.(rs)