Keine Hinweise auf Verluste durch Spekulationen, die Risiken sind aber groß.
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Salzburg/Wien. 74 Millionen Euro Gewinn, so lautet der Bericht der Experten, die in den vergangenen Wochen die Spekulationsgeschäfte des Landes Salzburg prüfte. Die Bundesfinanzierungsagentur bestätigte diese Berechnungen. Am 6. Dezember, als Finanz-Landesrat David Brenner an die Öffentlichkeit ging, war noch ein Verlust von 340 Millionen Euro befürchtet worden. Dass es sich in diese Richtung entwickeln würde, hat die "Wiener Zeitung" exklusiv in ihrer Wochenendausgabe vom 12. Jänner berichtet.
An den politischen Folgen ändert das nichts, am 5. Mai wird in Salzburg gewählt. Denn abseits der offiziellen Veranlagungen zockte die Referatsleiterin R. mit zusätzlich 1,35 Milliarden, ohne dass dies bekannt war. Oder wenigstens nicht exakt bekannt war.
Der Bericht, den David Brenner gestern, Mittwoch, dem Finanz-Ausschuss des Salzburger Landtages vorlegte, birgt aber einigen politischen Sprengstoff. Denn zu den wichtigsten Banken, mit denen die Referatsleiterin ihre Geschäfte abwickelte, gehört ausgerechnet die Salzburger Landeshypothekenbank. Vor allem hochriskante Wertpapiere in türkischer Lira wurden mit dieser Bank abgeschlossen, es geht dabei um 136 Millionen Euro. Die Salzburger Hypo gehört mehrheitlich der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, das Land ist noch mit zehn Prozent beteiligt. Warum die Bank nicht frühzeitig die Politik auf diese Risiken aufmerksam gemacht hat, ist nicht bekannt. Das Land überlegt, involvierte Banken zu klagen.
SPÖ fühlt sich von ÖVP hintergangen
Während der Sitzung am Nachmittag kam es auch zu einem Streit, in dem Landesrat Brenner ÖVP-Obmann Wilfried Haslauer stellte. Denn die ÖVP Salzburg veröffentlichte den Bericht der Bundesfinanzierungsagentur mit ihrer eigenen Interpretation - die einen Verlust der Geschäfte ergab. Diese Veröffentlichung fand allerdings statt, noch während der Experte der Agentur den Bericht präsentierte. Er bestätigte auf Anfrage, dass er diesen Bericht vor dem Landtag der Finanzministerin vorgelegt hatte. Die SPÖ vermutet also eine ÖVP-Intrige, um Haslauer im Wahlkampf zu helfen. "Wenn es einer Partei darum geht, alles schlecht zu machen, ist das ihre Sache", sagte Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in Richtung ÖVP-Chef Wilfried Haslauer.
Brenner war ziemlich wütend, es folgte eine intensive Debatte, wie denn die Empfehlungen der Experten unter Willi Hemetsberger und der Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCooper zu interpretieren seien. Die Bundesfinanzierungsagentur jedenfalls bestätigte die Berechnungen, wonach ein Gewinn realisierbar ist, wenn die Geschäfte "geordnet in den kommenden 18 Monaten zurückgefahren werden".
Schulden im Wert von 1,8 Milliarden aufgenommen
"Wir haben Gott sei Dank feststellen können, das wir mit einem blauen Aug’ davongekommen sind", sagte Brenner. An seinem Rücktritt ändere die positive Richtung des Berichts jedoch nichts. Zumal im "Bericht zur Finanzlage des Landes Salzburg", wie er offiziell heißt, durchaus Unglaubliches enthalten ist. So wurden von der beschuldigten Referatsleiterin mutmaßlich Schulden im Barwert von 1,828 Milliarden Euro aufgenommen, um Finanzgeschäfte zu tätigen. Davon hatte, so der Bericht, die Landesregierung keine Ahnung. Dem steht ein bisher unbekanntes Wertpapier-Portfolio in der Höhe von 1,354 Milliarden Euro gegenüber. Mit einem teilweise bekannten Derivat-Portfolio in der Höhe von 451 Millionen und dem Barvermögen von 97 Millionen Euro ergibt sich das Plus von 74 Millionen Euro.
Diesen Informationen ist aber eine bedeutende Information nachgestellt: "Das Wertpapier-Portfolio unterliegt aufgrund seiner Struktur wie auch seiner Größe einer relativ volatilen Marktbewegung", heißt es im Bericht. Im Klartext bedeutet das, dass es sich bei den Zahlen um eine Momentaufnahme vom 31. Dezember handelt und sich die Zahlen aufgrund der Schwankungen der Finanzmärkte schon wieder geändert haben können.
So fiel das Fazit von Brenner, der kommende Woche nach dem Budgetbeschluss des Landtags zurücktreten wird, auch nicht begeistert aus. "Das, was hier vorliegt, ist ein Statusbericht und keine forensische Aufklärung. Zufrieden können wir nicht sein, wir können durchschnaufen und sagen, es ist zumindest kein Schaden entstanden", sagte er im Salzburger Landtag. Aus dem Schneider ist das Land freilich noch lange nicht. "In diesem Portfolio gibt es jede Menge Risiken. Wir müssen sofort beginnen, Sicherheiten aufzubauen und schnellstmöglich auszusteigen", sagte Brenner.
Das zu tun, kündigte auch Burgstaller an. "Die nächsten Wochen und Monate sollen dazu verwendet werden, das nun bekannte und bewertete Portfolio geordnet abzubauen, "um auch in der Realität Salzburgs Finanzen stabil zu halten", teilte sie in einer Aussendung mit. Doch immerhin soll es dem Landtag möglich sein, kommende Woche ein Budget für 2013 zu beschließen. "Es gibt keine negativen Auswirkungen auf das Landesbudget, die wir unmittelbar für 2013 zu befürchten hätten", sagte Brenner. Das war für Salzburg die gute Nachricht des Mittwochs. Die schlechte ergibt sich aus den Details des Berichts, der tief in die Welt der Finanzmärkte hineingeht. Das Land Salzburg hielt 244 Wertpapiere, 89 Derivate und 126 Refinanzierungen und Darlehen.
Weltpapier-Portfolio mit enormen Risiken
Die größten Probleme könnte dem Land das Wertpapier-Portfolio machen. Einerseits machte es den Löwenanteil der bisher unbekannten Geschäfte aus, zum anderen handelte es sich zum Teil um sehr riskante Geschäfte. "Wie im Detail aus dem Bericht von Ithuba Capital AG ersichtlich, beinhaltet das Wertpapier-Portfolio des Landes eine sehr hohe Risikokomponente, weshalb das Gesamtportfolio sehr volatilen Schwankungen unterliegt", heißt es im Bericht. Denn das Portfolio enthält nicht nur einfache Wertpapiere mit fixer Verzinsung, sondern "weist eine sehr hohe Komplexität in Form von Zins-, Fremdwährungs- und Bonitätsrisiken auf". Jedoch soll es laut dem Finanzberatungsunternehmen Ithuba Capital AG des ehemaligen Bank-Austria-Vorstands Willi Hemetsberger möglich sein, innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate das Wertpapier-Portfolio abzubauen.
In diesem Portfolio befinden sich laut Ithuba Capital teils exotische Fremdwährungsrisiken mit einem Umfang von insgesamt 531 Millionen Euro. Der Großteil (443 Millionen Euro) davon entfällt auf türkische Lira. Ebenfalls vertreten sind Wertpapiere in russischen Rubel, brasilianischen Real und indonesischen Rupien.
Vorwürfe gegen Monika R. bleiben aufrecht
Ein interessantes Detail ist auch, dass es sich keinesfalls nur um internationale Großbanken handelte, mit denen Geschäfte gemacht wurden, wie das 136-Millionen-Euro-Volumen der Salzburger Landeshypothekenbank beweist, die Haus- und Hof-Bank der Landesregierung, in der Landeshauptmann-Stellvertreter und ÖVP-Chef Haslauer sogar im Aufsichtsrat sitzt. Er hatte schon im Dezember mitgeteilt, dort nichts von allfälligen Geschäften der Bank mit der Finanzabteilung mitbekommen zu haben.
Die Vorwürfe gegen die entlassene Leiterin der Budgetabteilung, Monika R., entkräftet der Bericht übrigens nicht, auch wenn es auf die von ihr in einer Schätzung befürchteten Verluste in der Höhe von 340 Millionen Euro keine Hinweise gibt. Denn bei neun Derivatgeschäften mit einem Umfang von 450 Millionen Euro Nominale soll R. das Vier-Augen-Prinzip verletzt haben und mutmaßlich die Unterschrift eines Mitarbeiters "einkopiert haben", wie es im Bericht heißt.