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Mit "Chefsachen" zum Gipfel

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Wien - Nach dem Scheitern Österreichs bei den Transitverhandlungen in Brüssel sind die Themen Transit und Temelín zur "Chefsache" erklärt worden. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel beharrte gestern auf einer Lösung der Transitproblematik sowie einer Verankerung des so genannten Melker Protokolls im EU-Beitrittsvertrag Tschechiens. Von einer "Blockade" des EU-Gipfels in Kopenhagen wollte er dennoch nicht sprechen: Er hoffe auf rechtzeitige Einigung.


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Draußen heulten die Sirenen, drinnen zeigte sich Bundeskanzler Schüssel unnachgiebig. Während ein Grüppchen von AtomgegnerInnen vor dem Bundeskanzleramt für eine Einklagbarkeit der Sicherheitsbestimmungen des AKW Temelín demonstrierte, erläuterte Schüssel abermals die Position Österreichs beim EU-Gipfel in Kopenhagen.

Die Forderungen seien ja nicht neu, erklärte Schüssel - und verwies auf die Vereinbarung von Laeken im Dezember des Vorjahres. Die EU-Kommission hatte damals vorgeschlagen, das bis Ende 2003 geltende Ökopunkte-System ohne Fahrtenobergrenze um maximal drei weitere Jahre zu verlängern. Somit wäre laut Schüssel eine Lösung des Transit-Streits am einfachsten, "wenn wir eins zu eins das nehmen, was wir schon in Laeken akzeptiert haben". Allerdings erheben andere EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Italien dagegen Einwände. Berlin etwa verlangt, die Hörbranz-Strecke durch Vorarlberg von der Ökopunkte-Regelung auszunehmen. Deutschland werde weiterhin "zu 100 Prozent" darauf drängen, erklärte gestern der Verkehrsminister von Baden Württemberg, Ulrich Müller.

Auch bei einem anderen Thema pochte Schüssel auf getroffene Übereinkommen. So hätten Österreich, Tschechien und Brüssel im Rahmen des "Melker Prozesses" vereinbart, Sicherheitsbestimmungen des Atomkraftwerks Temelín im Beitrittsvertrag Tschechiens festzuschreiben. Diese legistische Verankerung hält Schüssel für "absolut unverzichtbar".

Es sei zwar kein übliches Vorgehen, die Verhandlungskapitel wieder zu öffnen, räumte der Bundeskanzler ein. Doch diese Option sei gegeben, betonte er. Vorwürfe, Österreich verzögere die Beitrittsverhandlungen in Kopenhagen, wies Schüssel zurück: "Wir blockieren nicht, sondern suchen nach einer Lösung."

Wenig Freude hatte Schüssel auch mit der Aussage des dänischen Außenministers und amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Per Stig Möller, der Österreich ob seiner Wünsche mit einem Kandidatenland verglichen hat. Er werde Möller an diesen Satz erinnern, wenn Dänemark das nächste Mal Forderungen in der EU umsetzen wolle, entgegnete Schüssel.

Unterdessen forderte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi nicht nur Österreich dazu auf, über der Verteidigung nationaler Anliegen nicht das große Ziel der Erweiterung aus den Augen zu verlieren. Auch Italien und Portugal hatten Wünsche für den Kopenhagener Gipfel angemeldet.

Zwar seien laut Prodi der italienische Vorbehalt zu den Milchquoten, die portugiesische Forderung nach höheren Beihilfen aus den Strukturfonds und das österreichische Anliegen einer dreijährigen Verlängerung der Ökopunkte im Alptentransit "legitim und verständlich". Doch alle Mitgliedstaaten teilten die Sicht, dass die Erweiterung vorangetrieben und abgeschlossen werden müsse. "Flexibilität" sei bei dem heute beginnenden Treffen daher nicht nur von den Kandidatenländern, sondern auch von den Mitgliedsstaaten gefordert. Immerhin gehe es "um die neuen Grenzen Europas, und alle wissen dies", meinte Prodi.