Auch die Regierung in Peking will sich an der Investitionsoffensive der EU beteiligen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Die jüngste Deklaration kam aus Peking. Die Chinesen wollen sich am EU-Fördertopf für Investitionen beteiligen. Die Nachricht brachte der Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, von einem Arbeitsbesuch vor einigen Tagen mit. China ist damit das erste Land außerhalb Europas, das Geld in den Fonds fließen lassen möchte, der innerhalb von drei Jahren Investitionen im Umfang von 315 Milliarden Euro anschieben soll. Das werde ein wichtiger Beitrag zur Konjunkturbelebung und Schaffung von Arbeitsplätzen sein, hofft Kommissionspräsident Jean-
Claude Juncker.
Wie hoch die Summe ist, die die Regierung in Peking zur Verfügung stellen könnte, ist freilich noch unklar. Katainen verwies auf eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die eingerichtet wurde und die sich mit den Projekten befassen soll, die für die Chinesen interessant erscheinen. Diese wollen ihr Risiko diversifizieren, und laut Kommission sieht Europa für sie attraktiv aus. Im Vorjahr schon habe es in der EU Investitionen im Wert von 18 Milliarden Euro gegeben - und "sie legen erheblich zu", befand Katainen.
Chinesische Investoren setzen Expansionskurs fort
Denn trotz der wirtschaftlichen Abkühlung in ihrer Heimat setzen die chinesischen Investoren ihren Expansionskurs fort, und das weltweit. Einige Prognosen gehen davon aus, dass sich Chinas globale Vermögenswerte bis zum Jahr 2020 von derzeit 6,4 Billionen US-Dollar auf fast 20 Billionen US-Dollar (knapp 18 Billionen Euro) verdreifachen werden. In einer im Sommer veröffentlichten Studie des Berliner Mercator-Instituts für China-Studien und der Rhodium-Gruppe ist von einer "neuen Ära chinesischen Kapitals" die Rede.
"Und die erste Welle trifft Europa bereits mit voller Wucht", schreiben die Autoren: "Ausländische Direktinvestitionen chinesischer Firmen übersteigen mittlerweile 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr und verlagern sich zunehmend von Investitionen in ressourcenreiche Entwicklungsländer (zum Beispiel im Energiesektor) hin zu Technologie, Marken, Immobilien und anderen Vermögenswerten in Industrieländern." Rasant sei ebenso der Anstieg in den Mitgliedstaaten der EU gewesen, wo das Investitionsvolumen noch Mitte der 2000er Jahre nahe null gelegen sei. Bis zum vergangenen Jahr aber habe es rund tausend chinesische Neugründungen, Fusionen und Übernahmen im Wert von mehr als 46 Milliarden Euro gegeben. Weitere sind vorgesehen: So will sich der Konzern Cosco (China Ocean Shipping Company) am Containerhafen im griechischen Piräus beteiligen.
Für die EU-Institutionen wären vor allem Investitionen in die Infrastruktur interessant. Das ist nämlich eine wichtige Zielsetzung des Juncker-Plans. Der dazugehörige Fonds (EFSI), der bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) angesiedelt ist, ist mit 21 Milliarden Euro ausgestattet. Den Großteil davon bildet eine Garantie aus dem EU-Haushalt, die private Geldgeber absichern soll.
Doch sind einzelne Staaten ebenfalls eingeladen, Mittel in den Topf fließen zu lassen. Neben China haben dies bisher neun EU-Mitglieder angekündigt, allerdings wollen sie sich nicht direkt, sondern lediglich an Projekten über ihre nationalen Förderbanken beteiligen - wie China selbst übrigens auch. Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Großbritannien wollen jeweils acht Milliarden Euro beisteuern, Spanien stellt 1,5 Milliarden Euro bereit, die Slowakei 400 Millionen Euro, Bulgarien hundert Millionen Euro und Luxemburg 80 Millionen Euro.
Vor wenigen Wochen erst ist die Investitionsoffensive in Deutschland angelaufen. Das Programm soll Jungunternehmen in der größten Volkswirtschaft Europas zugutekommen. Ein entsprechendes Abkommen zwischen dem Europäischen Investitionsfonds und der staatlichen Förderbank KfW wurde unterzeichnet. Die KfW soll in den nächsten zwei Jahren Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro an Firmen in der Gründungs- und Entwicklungsphase vergeben. So sollen mehr als 23.000 Start-up- und Kleinunternehmen Finanzierungsmöglichkeiten zu günstigen Konditionen erhalten.
Insgesamt hat die EIB im Rahmen ihrer Investitionstätigkeit mehr als 40 Operationen über eine Finanzierung von zwei Milliarden Euro in mehreren EU-Staaten abgesegnet. Das soll Investitionen im Umfang von 15 Milliarden Euro generieren, wovon 50.000 kleine und mittlere Betriebe profitieren könnten.
Der EFSI selbst hat seine Arbeit ebenfalls bereits aufgenommen - auch wenn er erst nach der Fixierung seiner Verwaltungsstrukturen in einigen Wochen voll handlungsfähig sein wird. Seit April wurden mehr als 20 Projekte im Grundsatz genehmigt, mit einem Finanzierungsvolumen von drei Milliarden Euro. Das soll zu Investitionen - unter anderem in den Bereichen Energieeffizienz und Forschung - im Wert von 14 Milliarden Euro führen.
Molterer mit "besten Chancen"
auf EFSI-Chefposten
Chef des EFSI könnte Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer werden. Laut "Tiroler Tageszeitung" hat der frühere ÖVP-Chef "beste Chancen", das entscheidende Hearing im Wirtschafts- und Budgetausschuss des Europäischen Parlaments soll voraussichtlich Mitte Oktober stattfinden.
Molterer selbst übt sich in professioneller Zurückhaltung: "Ich habe mich beworben. Das Auswahlverfahren ist im Gange", wird er in der Zeitung zitiert. Der einstige österreichische Spitzenpolitiker war zuletzt Vizepräsident der EIB. Dieses Mandat ist Ende August nach vier Jahren ausgelaufen.