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Mit dem Gurkenglas zum Greißler

Von Von Alexander Maurer

Wirtschaft

Andrea Lunzer betreibt im 2. Wiener Gemeindebezirk ein Lebensmittelgeschäft ganz ohne Verpackungsmüll.


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Wien. Zellophanfolie für einen Apfel? Für das Müsli einen Karton und ein Plastiksackerl aufreißen müssen? Vielen Konsumenten ist die Verpackungsflut im Lebensmittelhandel ein Dorn im Auge. Die Burgenländerin Andrea Lunzer hat nun ein Zeichen gesetzt, um dem entgegenzuwirken. Lunzer, deren Eltern Bio-Bauern im Seewinkel sind, betreibt seit Ende Jänner in der Heinestraße im 2. Wiener Gemeindebezirk ihre "Maß-Greißlerei". Hier wird auf Lebensmittelverpackungen verzichtet, die Kunden kaufen mit ihren eigenen Behältern ein - wie zu Großmutters Zeiten.

Vor ihrer Zeit als Greißlerei-Besitzerin versuchte Andrea Lunzer, als Unternehmensberaterin nachhaltige Verpackungslösungen anzubieten - "sehr frustrierend", wie sie gegenüber der "Wiener Zeitung" zugibt. "Bei meiner Zusammenarbeit mit den Firmen habe ich dann gemerkt, dass eigentlich nur ,Greenwashing-Lösungen‘ gefragt sind. Quasi ,ein bisschen Bioplastik einsetzen und was zahlen, Hauptsache, wir können auf unsere Website schreiben, dass wir Öko sind‘."

In einem halben Jahr "durchgepresst"

Das Konzept einer verpackungsfreien Greißlerei lernte Lunzer in London kennen. Als sie in Wien zufällig ein leer stehendes Lokal entdeckte, fasste sie den Entschluss, es auch zu versuchen. Ihr Projekt habe sie dann "in einem halben Jahr durchgepresst", erzählt sie. Da sie von dem zukünftigen Lokal schon genaue Vorstellungen hatte, wurde mit Hochdruck gearbeitet. Trotzdem musste die herkömmliche Idee des Einkaufens "neu erfunden" werden. "Ich stellte mir die Frage: Wie setze ich das um, dass ich dem Kunden die Möglichkeit gebe, mit seinen eigenen Gefäßen von zu Hause hier einkaufen zu gehen? Das ist sozusagen das unsichtbare Herzstück."

Die Unsicherheit war ihr stetiger Begleiter - es war nicht klar, ob das Konzept in Wien aufgehen würde. So beherbergt die Greißlerei auch ein Café, um das Risiko zu vermindern. "Erst bei der Eröffnung und in den Wochen danach war mir klar, dass ich einen Nerv getroffen habe", erinnert sich Lunzer. Sowohl bio-affine Menschen als auch Nachhaltigkeitsmuffel kommen zu ihr. Viele sind über die Verpackungsflut frustriert - zu Recht, auch wenn die Maß-Greißlerin die Debatte um Plastikmüll skeptisch sieht: "Es gibt zwar eine starke Anti-Plastik-Haltung, aber für jeden Blödsinn Papier zu verwenden, ist auch nicht gut."

Auf Wunsch auch inklusive Einweckglas

Neukunden wird im persönlichen Gespräch das Konzept erklärt. "Wir haben mittlerweile gut im Gefühl, wie der Gesichtsausdruck von jemandem, der zum ersten Mal hier ist, aussieht." Wer ohne eigene Gefäße kommt, kann auch auf Papiersackerl für Trockenware ausweichen oder Bügelverschlussgläser und Flaschen kaufen, um die Marmelade oder den Essig mit heimzunehmen.

Das Sortiment bezieht Andrea Lunzer vor allem von kleineren Lebensmittelbetrieben, "die auch sehr glücklich darüber sind, wenn ich ihnen einen Zehn-Kilo-Sack oder einen 25-Kilo-Sack anstatt alles in 250-Gramm-Packungen abkaufe, weil die Verpackung für sie im Endeffekt auch Kosten verursachen würde."

Das Sortiment wird laufend erweitert, dabei richtet sich Andrea Lunzer nach den Wünschen ihrer Kundschaft. "Wir haben uns einfach überlegt, was die Leute brauchen könnten, was am besten gehen würde. Man beginnt halt mit Milch und Brot und hangelt sich dann weiter", sagt die Unternehmerin.

Auch wenn Lunzer sich durchaus neue Filialen ihrer Maß-Greißlerei oder sogar einen Franchise-Start vorstellen kann, sind solche Träume für sie noch "Zukunftsmusik", wie sie mit einem Lächeln anmerkt. "Ich muss das hier erst glatt zum Laufen bringen. Der Kunde merkt es hoffentlich nicht, aber es gibt im Hintergrund noch irre viel Arbeit."