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Mit den Waffen eines Gläubigen

Von Katharina Schmidt

Politik

Präsident soll Gesetze vorschlagen und Widerspruch einlegen können. | Gehring gegen "Parteienfilz", Homo-Ehe und Abtreibung. | "Wiener Zeitung": Sie haben, anders als Heinz Fischer und Barbara Rosenkranz, keinen Rückhalt einer großen Partei. Warum tun Sie sich die Kandidatur an?


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Rudolf Gehring: Ich bin überzeugt, dass ein unabhängiger Präsident für unser Österreich notwendig ist. Derzeit werden die höchsten Ämter zwischen den Regierenden aufgeteilt. Jeder Neue, der etwas anderes versucht, ist nicht gerne gesehen.

Die Regierung ist aber demokratisch legitimiert.

Ein Beispiel für den Parteienfilz sind die Banken. Kaum wurde die Hypo Alpe Adria verstaatlicht, wurden ausgediente Parteifunktionäre in den Aufsichtsrat gesetzt. Bei der Präsidentschaftskandidatur spielt nur Parteitaktik eine Rolle. Der eine bekommt den EU-Kommissar und wird dafür beim Präsidenten keine Probleme machen. Sie würgen noch daran, dass es einen Gehring gibt.

Sie treten also aus rein inhaltlichen Überlegungen an?

Natürlich - im Interesse der Bürger. Die Bürger haben ja gar keine wirklichen Mitspracherechte. Da passt der Vorschlag, die Amtszeit zu verlängern, perfekt dazu. Die Mitbestimmung wird reduziert, und dann wundert man sich, wenn die Politikverdrossenheit steigt. Ich wehre mich vehement gegen diese Entwicklung.

Welche Aufgaben hat der Bundespräsident für Sie?

Wenn ein Bundespräsident mutig, engagiert und aktiv ist, kann er sehr viel machen. Wenn er eine moralische Autorität hat, kann er sie auch einsetzen. Konkret fordere ich, dass er ein Gesetzesinitiativrecht bekommt, damit jene Dinge, die den Bürgern am Herzen liegen, auch in die politische Diskussion kommen. Es müsste auch ein stärkeres Widerspruchsrecht geben, damit Vorhaben, die etwa die Grundrechte, also Eckpfeiler unserer Verfassung betreffen, nicht so einfach Gesetz werden können.

Welche Gesetze meinen Sie?

Im geplanten Kinderrechtsgesetz wird den Kindern - auch den ungeborenen und den behinderten - kein Lebensrecht garantiert. Das ist eine Verletzung eines Menschenrechts. Da würde ich Widerspruch einlegen.

Rosenkranz sagt immer, sie hätte als Bundespräsidentin den Lissabon-Vertrag nicht unterzeichnet. Hätten Sie den Vertrag unterschrieben?

Nein. Der amtierende Präsident hat hier einen Verfassungsbruch begangen. Es hätte eine Volksabstimmung durchgeführt werden müssen. Wenn der Finanzminister sagt, dass sich das Budget nicht ausgeht, und der Präsident sagt dazu, dass er das versteht, dann ist das ebenfalls ein Verfassungsbruch. Mit mir würde das anders gehen.

Sie bezeichnen sich selbst als das "einzige realistische Angebot für ÖVP-Wähler". Was bieten Sie den ÖVP-Wählern?

Ich biete ihnen alles, was die ÖVP bieten sollte.

Was sollte sie denn bieten?

Die ÖVP sollte sich engagiert für die Familien, die Schwachen, die Ungeborenen und die Arbeitslosen einsetzen.

Nach den Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche steigt die Zahl der Austritte massiv an. Ihr Kommentar dazu?

Die Trennung von Kirche und Staat halte ich sehr streng ein. Innerkirchliche Angelegenheiten habe ich nicht zu kommentieren. Zu den Missbrauchsfällen an sich, die ja in den außerkirchlichen Einrichtungen noch viel stärker sind, sage ich: Jeder Missbrauchsfall ist einer zu viel. Das gehört aufgearbeitet, und man muss überlegen, wie man das in Zukunft verhindert.

Ein kurzer Wordrap. Was sagen Sie zu . . .

.. .Homo-Ehe

Ich respektiere jeden homosexuell fühlenden Menschen. Die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der Ehe ist aber ein Irrweg, Adoption kommt nicht in Frage.

. .. Abtreibung

Ich bin dagegen, man muss flankierende Maßnahmen setzen und den Frauen Hilfe geben.

. .. Islam

Ich respektiere jede Religionsgemeinschaft.

. .. Europäische Union

Die EU in der jetzigen Form ist dringend verbesserungswürdig. Die Gewaltenteilung ist nicht verwirklicht, der Lissabon-Vertrag hat viele Schwachpunkte.

Seit 2005 gibt es die Christen als Partei. Meist schaffen Sie bei Wahlen zumindest einen Antritt. Woher rekrutieren Sie Ihre Unterstützer?

Wir sind keine Partei der römisch-katholischen oder sonst irgendeiner Kirche. Unsere Unterstützer kommen aus allen christlichen Gruppierungen. Sie sehen die Chance, dass Politik auf einer christlichen Wertebasis gemacht wird. Aber wir sind viel zu wenig bekannt.

Apropos: Wie hoch ist Ihr Wahlkampfbudget?

Wir haben bisher rund 50.000 Euro ausgegeben. Es kann nicht sein, dass das höchste Amt im Staat davon abhängig ist, wieviel Euromillionen in einen Wahlkampf gesteckt werden. In der Krise ist es beschämend, dass Millionen für inhaltsleere Plakate aufgewendet werden, die nur die Gegend verschandeln. Diese Politik mache ich nicht.

Sie plakatieren nicht?

Nein. Man wird ein Blatt mit unseren Zielen herausgeben, aber in einem sehr bescheidenen Ausmaß. Es geht auch viel über persönlichen Kontakt - nicht so, wie es der Herr Präsident jetzt macht. Er spricht nicht einmal mit seinen Mitbewerbern, das ist eigenartig.

Was ist ihr Wahlziel?

Im ersten Durchgang Zweiter zu werden, damit es zu einem zweiten Wahldurchgang kommt.

Rudolf Gehring (61) ist Jurist und seit 2009 Obmann der Christlichen Partei Österreichs. Er hat vier Töchter und fünf Enkelkinder, 2007 initiierte er das "Kinder- und Familien-Volksbegehren" .