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Wo kann man die cineastische Paarbeziehung in freier Wildbahn besser studieren als in einer Videothek? Hier treffen das
Ziel "romantische Komödie" und "irgendwas mit Action und/oder Autos - oder zumindest Zombies" ungebremst aufeinander. Wie Materie und Antimaterie kollidieren die Interessen - nicht selten in einem ordentlichen Knall.
Doch mit der öffentlichen Meinungsfindung ist es nun vorbei - die Videothek hat ausgedient. Die letzten Relikte dieser einst abendfüllenden Lokalität schließen nun auch noch. Etwa die US-Kette "Blockbuster", einst größte Videothek der Welt, wird ihre letzten 300 US-Filialen mit Jahresende dichtmachen. Künftig will man die Marke als "Streaming"-Dienst weiterführen.
Kurioserweise ist es wohl nicht nur die Technologie dieser Streaming-Dienste, die einem die Filme via Netz oder Pay-TV ins Haus holen, die die Videotheken sterben lässt. Es ist wohl auch die Art und Weise, wie sich unsere Auswahl von Waren generell verändert. Offenbar ist die einst so wichtige haptische Komponente der Produktwahl längst einer optischen gewichen: Niemand will mehr stöbern, wühlen, durch Gänge und Regale flanieren, um dann womöglich einen Film nach dem ansprechenden Cover (Zombies!) zu wählen. Lieber klicken wir uns durch Listen, sehen in Vorschlägen, was Freunde gewählt haben - oder verlassen uns auf Algorithmen, die aufgrund unserer bisherigen Auswahl wissen, was uns gefällt. Der studentische Videotheken-Helfer steht als Ratgeber nicht mehr zur Verfügung. Vielleicht fragen wir künftig gleich die NSA, was uns wirklich gefallen könnte?