Nasa-Rover "Perseverance" in Startposition. Sorge bereitet eine mögliche Verschmutzung des Roten Planeten durch Mikroben.
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Meine Hobbys: Fotografieren, Steine sammeln und Off-Road-Fahren", skizziert der neue Mars-Rover "Perseverance" der US-Weltraumagentur Nasa auf seinem Twitter-Account seine Lieblingsbeschäftigungen. Zur Ausübung wird es allerdings noch etwas dauern, denn am Donnerstag um 13.50 Uhr Mitteleuropäische Sommerzeit soll zuerst einmal der Start in Richtung Roter Planet erfolgen. Innerhalb weniger Tage bricht damit nun die dritte Nation zum Mars auf. Während die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrer "Hope"-Mission und China mit "Langer Marsch 5" bereits im Weltraum angekommen sind, steht nun am Weltraumbahnhof Cape Canaveral eine "Atlas V"-Rakete bereit, um "Perseverance" ins All zu befördern.
Schon bis jetzt hat der Rover Durchhaltevermögen - wie sein Name sagt - beweisen müssen. Sein Start wurde zweimal verschoben. Am Montag gab Nasa-Chef Jim Bridenstine jedoch grünes Licht für den Abflug. Trotz der Corona-Krise sei der Zeitplan für die Mission "Mars 2020" eingehalten worden. "Wir befinden uns in außergewöhnlichen Zeiten, aber wir haben durchgehalten, wir haben diese Mission geschützt, weil sie sehr wichtig ist", betonte Bridenstine.
Gelingt die Landung, wäre "Perseverance" der fünfte Rover, den die Nasa zum Mars bringt. 1997 landete der "Sojourner", der nur rund drei Monate lang mit der Erde kommunizierte. 2004 folgten die Zwillingsrover "Spirit" und "Opportunity".
Weg zum Publikumsliebling
Zu "Spirit" ging die Kommunikation schon drei Jahre später in einem riesigen Staubsturm verloren, zu "Opportunity" immerhin erst 2018. Der große Held des Mars ist bisher "Curiosity". Er landete 2012 und versorgt die Welt seither auch über die sozialen Netzwerke mit spannenden Neuigkeiten und Fotos. "Curiosity" wurde nicht zuletzt dadurch zum absoluten Publikumsliebling.
Nun könnte ihm "Perseverance" den Rang abwerben. Schon die Namensfindung hatte die Nasa zum Erlebnis werden lassen. So konnte die Welt online über eine Vorauswahl abstimmen, bevor die Weltraumagentur die endgültige Entscheidung traf. Den Namen habe ein Schüler der siebenten Klasse aus dem US-Bundesstaat Virginia vorgeschlagen. Rund 28.000 Schüler aus den ganzen USA hatten ihre Vorschläge eingereicht.
Der SUV-große, rund eine Tonne schwere unbemannte Rover soll nach seiner Landung am 18. Februar 2021 auf der Suche nach Spuren früheren mikrobiellen Lebens über den Roten Planeten rollen. Außerdem soll er das Klima und die Geologie des Himmelskörpers erforschen und Proben von Steinen und Staub nehmen. Wissenschafter erhoffen sich von der Mission auch neue Erkenntnisse über die Entstehung des Universums. Ein ganzes Mars-Jahr lang - 687 Erden-Tage - soll "Perseverance" dort verbringen. Die Proben sollen von einer Nachfolgemission im Jahr 2031 auf die Erde zurückgebracht werden.
An Bord hat der Rover neben viel Technik auch die Namen von knapp elf Millionen Menschen auf drei fingernagelgroße Chips gebrannt. Eine weitere publikumswirksame Kampagne, die die Mission schon vor Monaten ins Rampenlicht gestellt hat.
Der Rover ist eine Art "Curiosity 2.0" - unter anderem mit sieben wissenschaftlichen Instrumenten, zwei Mikrofonen, 23 Kameras, einem Lander und sogar einem kleinen Hubschrauber namens "Ingenuity" (Einfallsreichtum) an Bord. Schon im Vorfeld hat dieser unter Wissenschaftern und Weltraum-Fans für große Begeisterung gesorgt. Damit soll zum ersten Mal versucht werden, auf einem anderen Planeten eine Art Hubschrauber zu starten. "Ingenuity" wiegt vielleicht nur 1,8 Kilogramm, aber er hat übergroßen Ehrgeiz, so die Nasa.
Er soll beweisen, dass das Fliegen auf dem Mars möglich ist. Seine vier Rotorblätter aus Kohlefasern rotieren deutlich schneller als die von herkömmlichen Hubschraubern - unter anderem, weil die Atmosphäre des Mars deutlich dünner ist. Bis zu vier Flugversuche sind möglich.
Kontamination möglich
Das Motiv hinter all den Bemühungen ist die Hoffnung, dass der Mars ähnlich der Erde Leben beherbergen könnte. Da die Technologien besser werden und Raketen billiger, beteiligen sich immer mehr Menschen an der Suche. Und die Zeit ist nicht mehr fern, in der sogar private Missionen möglich sein könnten.
Hinter all der Begeisterung steckt seitens der Wissenschaft jedoch auch eine Sorge, die zuletzt der "Economist" in einem Artikel skizziert hat. Ist der Mars steril, beziehungsweise ist früheres Leben bereits ausgestorben, spielt es vermutlich keine Rolle, womit Menschen den Planeten kontaminieren. Immerhin ist es möglich, dass sich nicht nur die Namen von elf Millionen Menschen an der Reise beteiligen, sondern auch robuste Mikroorganismen mit Entdeckerlaune. Existieren aber "Marsmenschen" in welcher Form auch immer, wäre der Rote Planet ein unberührtes Ökosystem. Eine Kontamination mit irdischen Mikroben könnte dann für gehöriges Chaos sorgen. Auch wäre eine Kontamination der Erde mit Marsianern möglich. Immerhin sollen die Proben zur Erde zurückgebracht werden. Alles unter der Voraussetzung, der Mars beherbergt Leben - und wenn auch nur in Form von Bakterien oder etwas vage Äquivalentem.
Ruf nach globaler Regelung
Ersteres Risiko ist nicht mehr nur theoretisch. Wissenschafter gehen davon aus, dass die vorherigen Rover und Lander, die sich bereits auf dem Mars befinden, jeweils zehntausende kleine Erdlinge beherbergen. Diese sind durch die Sonden vor Strahlung geschützt - sind also nicht tot.
Dem Weltraumvertrag von 1967 zufolge sind die Länder bereits verpflichtet, sich über diese Risiken Gedanken zu machen. Dieser enthält allerdings nur wenige Details, sodass einzelne Raumfahrtagenturen ihre eigenen Regeln aufstellen müssen. Das ist besser als nichts. Da jedoch immer mehr Nationen auf den Mars zusteuern, wird der Ruf nach einer globalen Verbindlichkeit lauter. Es gehe darum, sicherzustellen, dass die Lebensformen eines Planeten nicht die eines anderen stören.
Ziel der Mission ist immerhin, "dass eines Tages Menschen nicht nur auf dem Mond leben und arbeiten, sondern auch auf einem anderen Planeten", so Bridenstine. In vielerlei Hinsicht eine Herausforderung.