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Mit Eile an die Arbeit

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Junckers EU-Kommission tritt kommende Woche ihr Amt an.


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Straßburg/Brüssel. Wie ein Verlierer wirkte er keinesfalls. Zwar bezeichnete sich der künftige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker selbst so, doch der Anlass dazu war ein für ihn durchaus erfreulicher. Mittwoch war der Tag, an dem das Plenum des EU-Parlaments in Straßburg über seine Mannschaft abstimmte, und kurz zuvor stellte der Christdemokrat dort sein Team vor. Nochmals erklärte er die neue Struktur der Behörde, in der er Themenbereiche bündeln und unter die Leitung von sieben Vizepräsidenten stellen möchte. Die "Kirchturm-Mentalität", mit der jedes einzelne Kommissionsmitglied "in seiner Ecke" arbeite, solle auf diese Weise durchbrochen werden, erklärte Juncker. Und in diesem Gefüge sei eben er der Verlierer, befand der Luxemburger. Er gebe nämlich einige seiner Vorrechte ab und lege sie in die Hände seiner Stellvertreter. Er erwarte von seinen Kommissaren keinen blinden Gehorsam, fügte Juncker hinzu. "In meinem Alter beginnt man keine Diktatorenkarriere mehr."

Seine Behörde soll trotzdem keine schwache werden. Ihren politischen Anspruch betonte Juncker einmal mehr. Doch die Stärkung der Rolle in dem politischen Machtgefüge zwischen Mitgliedstaaten und Abgeordnetenhaus wird keine leichte Aufgabe sein. Der designierte Kommissionspräsident machte aber schon klar, dass er weder das "Generalsekretariat für die Staaten" leiten noch sich zum "Knecht des Parlaments" machen werde.

Der Zustimmung eines Großteils der Volksvertretung konnte er da bereits sicher sein. Das Votum fiel dann dementsprechend aus: Von 699 abgegebenen Stimmen waren 423 positiv. 209 Mandatare sprachen sich gegen die Kommission Junckers aus, und 67 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Die zwei größten Fraktionen, die Europäische Volkspartei und die Sozialdemokraten, votierten dafür, ebenfalls Teile der Liberalen. Grüne, Linke und Gruppierungen wie die AfD (Alternative für Deutschland) waren dagegen.

Dabei versuchte Juncker bei seinem Auftritt zuvor, Signale in verschiedene Richtungen auszusenden. Er sprach von der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung. Doch die allein reiche nicht aus, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Ohne Strukturreformen werde es ebenso wenig gehen wie ohne Flexibilität bei der Auslegung des Stabilitätspaktes für Budgetdisziplin. Dessen Regeln sollen jedoch nicht geändert werden. Allerdings müsse die soziale Komponente auch berücksichtigt werden. Dabei strebe er das "Triple A-Rating" an, sagte Juncker. Diese Bewertung wünsche er sich nämlich nicht nur für die europäische Wirtschaft, sondern auch für Soziales.

Der Luxemburger wies erneut auf das schon angekündigte Investitionsprogramm hin, das in den kommenden Jahren einen Umfang von 300 Milliarden Euro haben soll. Details dazu kündigte Juncker noch vor Ablauf des Jahres ab: "Es besteht Eile." Neue Schulden sollen dafür allerdings nicht angehäuft werden, stattdessen sei vor allem privates Kapital freizusetzen.

Die neue Kommission wird ihr Amt am 1. November antreten. Mit Juncker steht ihr erstmals ein Präsident vor, der als ein Spitzenkandidat bei den EU-Wahlen angetreten war.