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Mit frischen Ideen, aber geleerten Taschen

Von Martin Sattler

Wirtschaft
Betriebsübergaben verursachen hohe Steuern und gefährden damit die Bonität des Unternehmens. Foto: bbox

Hohe Kosten bei Betriebsübergaben. | Steuer gefährdet Eigenkapitalquote. | Wien. "Bereitet man die Unternehmensübergabe im Alter zwischen 50 und 60 vor, regelt man die Nachfolge selber, im Alter von 60 bis 70 erledigt das der Anwalt und über 70 der liebe Gott", scherzte gestern, Dienstag, der Obmann der Bundessparte Industrie, Wolfgang Welser, zur Situation bei den Betriebsnachfolgen. Dabei ist die Lage alles andere als lustig.


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Bis zu 6000 Unternehmen stehen jedes Jahr zur Übergabe an. Zur überwiegenden Mehrheit Familienbetriebe. Vom Gelingen dieser Übergaben hängt ein erheblicher Teil des künftigen Wohlstands und der Steuerleistung ab, vor allem aber das Schicksal vieler Arbeitsplätze, so Welser, der gemeinsam mit Leo W. Chini vom Institut für BWL der Klein- und Mittelbetriebe und Alfred Brogyányi, dem Präsidenten der Kammer für Wirtschaftstreuhänder, eine Lanze für steuerrechtliche Änderungen bei der Betriebsnachfolge brach. Die Erhaltung von Unternehmen in der schwierigen Phase des Generationsbzw. Eigentümerwechsels sollte daher ein wirtschaftspolitisches Ziel ersten Ranges sein.

Eigenkapital ausgehöhlt

Derzeit führt die gesetzliche Regelung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu einer Aushöhlung des Eigenkapitals, aus dem meistens die Steuer beglichen wird. Gerade im Hinblick auf die Bestimmungen von "Basel II" hat die Senkung der Eigenkapitalquote schwerwiegende Konsequenzen zur Folge: Die damit verbundene schlechtere Bonität erschwert es Unternehmern, günstige Kredite zu erhalten, was die Betriebe weiter in Bedrängnis bringt. Chini: "Bei der Betriebsübergabe startet der Nachfolger mit frischen Ideen, aber mit geleerten Taschen." Grundsätzlich hat der Steuergesetzgeber das Problem aber erkannt, so die Experten, und mit der Einführung eines Steuerfreibetrags bei Unternehmensübernahmen von 365.000 Euro sowie der Möglichkeit der Gründung einer Privatstiftung reagiert. "Oft sind die Unternehmen aber dem Freibetrag deutlich entwachsen und für eine Stiftungslösung nicht groß genug", schildert Welser die Problematik.

Maßnahmen gefordert

Die drei Experten fordern daher, einerseits den bestehenden Freibetrag zu verdoppeln sowie andererseits einen Bewertungsabschlag des zu versteuernden Unternehmenswerts von 75 Prozent vorzusehen. Denkbar ist auch eine Stundung der fälligen Steuer. Pro Jahr, das das Unternehmen gehalten wird, kann der Eigentümer die Schuld um zehn Prozent reduzieren. Nach zehn Jahren wäre der zu zahlende Betrag daher Null. Weiters ist die Betriebsübergabe gegen Rentenvereinbarung eine sinnvolle Alternative. Wird die Erbschafts- und Schenkungsssteuer von der Rente berechnet, ergibt sich wegen des Charakters einer Sonderausgabe eine Steuerersparnis von bis zu 50 Prozent, rechnet Chini vor. "Die Kosten des durch die Maßnahmen zu erwartenden Steuerentfalls sind weit geringer als die zukünftigen Staatseinnahmen aus dem erfolgreich übernommenen Unternehmen", zeigt sich Chini zuversichtlich. Darüber hinaus können Kosten aus dem Verlust von Arbeitsplätzen und Unternehmensinsolvenzen vermieden werden.